Das Archiv der Lyriknachrichten | Seit 2001 im Netz | News that stays news
Liebe L&Poe-Leserinnen und -Leser,
seit Ende 2000 gibt es die Lyrikzeitung, 15 Jahre als Tages-, jetzt als Wochenzeitung. Jeden Freitag neu mit Nachrichten aus der Welt der Poesie. Poetry is news that stays news, sagt Pound. In der heutigen Ausgabe: Hadayatullah Hübsch, Tom Raworth, Dagmara Kraus, Kladde & Ingolddebatte, Shakespeare und manches andere. Lesen!
Die Themen in dieser Ausgabe
Dagmara Kraus
çatodas
drei sprachen sind zu groß für deinen mund, mein kind
kau dir an der kruste hier muskeln an, nimm
an floskeln tuste gut daran, te tłusteste zu meiden
ah, das wusstest du schon, na dann
drei sprachen sind zu groß für deinen mund, mein kind
die eine hockt noch schief im rachen, indes die andern
angenähte tanten machen, wie damals die aus
liza stara, am saalrand die, parade rara
drei sprachen sind zu groß für deinen mund, mein kind
sagst du bélier, verbrauchst du zu viel spucke
meinst du wichurę, zeigst aufs regenzuckeln
und rührst dir was aus drei familien, führst krudes
in die fleur-de-lilien und setzt dort wechselbälger aus
kuckuckskinder, bülbülschinder, wie du wörtchen
aus drei sprachen klaubst, wie du urkreol
verschraubst, was syntaktisch, synku, sich nie binden
ließe. pfui, du fiese mutter, biest du, arge hast dein kind
betrogen, um die eine muttersprache; alles dreimal
3 x strachy, 3 ça-to-das, selbdritt fällst durchs fehlerfach
deine zunge, kindlein, splisst: père, quoi to ist, äquator
Ich bin Hadayatullah Hübsch fast zweimal begegnet. Einmal waren wir in Leipzig auf der Messe, mit der Zeitschrift „Wiecker Bote“, die ich ein paar Jahre lang mit herausgab. Angelika Janz las aus ihrem „im Verlag des Wiecker Boten“ erschienenen Buch „orten vernähte alphabetien“ (2002). Neben mir saß ein bärtiger Herr. Nach der Lesung kamen zwei Bärte ins Gespräch. Weiter hier
His poetry is, maybe above all, provocative, upending readers’ expectations about how a text should operate, and inviting a level of interpretive participation that pushes the poet, the text, and the audience toward equality as co-partners in making it. Writers have characterized his work by its “laconic egolessness” (Geoff Ward); its speed, “half-emotional, like someone laughing at his own joke while he is telling it” (Fanny Howe); its “tragedian’s sense of the comic as one of life’s fated inevitabilities” (Lyn Hejinian). / Mehr
Gesehenes, Hingekritzeltes, Beiseitegesprochenes, Kommentare und Zitate, Stoßseufzer und Wutausbrüche, ausnahmsweise nicht von mir, sondern aus meinen Postmappen
In den Untiefen [wer wohnt in ’ner Ananas ganz tief im Meer? sprich oberflächlich also nicht?] moderner [definiere er] Dichtung ringen seit jeher [jwd] zwei [why?] widerstreitende [Steuerfestsetzungen, nein ..] Prinzipien [zwei Seelen wohnen, ach] um die Vorherrschaft [totale Poetik?]. Das Unverständliche kämpft mit dem Verständlichen [das Unverständliche kämpft also zumindest verständlich?], das Hermetische mit dem Zugänglichen [das Hermetische verschränkt einfach nur die Arme], das Autistische [Sowas macht mich sauer. Es gibt keine autistischen Texte. In diesem Fall aber einen unreflektierten Rezensenten, der sich anschickt, Autismusdiagnöschen zu verteilen] mit dem Kommunikativen [zumal autistisch und kommunikativ keine Gegensätzlichkeiten sind]
Aus & zu: Webforum für Lyrik. Glückliche Missverständnisse. Muss große Dichtung schwierig sein? Eine Kolumne zum ewigen Streit zwischen dem Verständlichen und dem Unverständlichen. Von Gregor Dotzauer. Tagesspiegel
Am 2. Februar veröffentlichte Felix Philipp Ingold einen Artikel über Stilverfall und Sprachverflachung in der Gegenwartsliteratur. Auszug:
Der Trend zu unreflektiertem literarischem Tun ist, wohlgemerkt, nicht bloss in Erzähltexten zu beobachten, er bestimmt auch die zeitgenössische deutschsprachige Poesie. Sie hat sich mehrheitlich – vorab in den privilegierten Genres des Liebes- und des Naturgedichts – zu einer Art Plauderlyrik gewandelt, bei der einzig der Zeilenfall oder ein parodistisch gesetzter Endreim noch kundtut, dass der Text als Gedicht zu lesen ist.
L&Poe dokumentiert Ingolds Fazit der sich anschließenden Debatte.
Drei Übersetzer, die sich in besonders exponierte Randzonen vorwagten, haben wir aufgesucht, um etwas über den Umgang mit solchen Schwierigkeiten zu erfahren. Es handelt sich um sprachlich und kulturell disparate Projekte, die aber gerade deshalb exemplarische Fragen aufwerfen.
William Wordsworths «The 1805 Prelude», erstmals übersetzt von Wolfgang Schlüter, tritt die lyrische Bewegungsfähigkeit einer Sprache hervor. Rainald Simon unternimmt bei seiner Übertragung des altchinesischen «Shijing» den Versuch, zwei disparate Sprachsysteme und damit Kulturen zu verbinden – das grammatisch offene, monosyllabische Chinesisch mit einer durchdeklinierten indoeuropäischen Sprache. Die für die Übersetzerin Beate Thill wegweisende Begegnung mit dem frankofonen Dichter Tchicaya U Tam’si aus der Volksrepublik Kongo wiederum illustriert die interkulturelle Wandlungsdynamik einer europäischen Ausgangssprache. / Martin Zähringer, Neue Zürcher Zeitung
Eine Performance von Christoph Winkler über Lyrik, Übersetzung und Tanz in Berlin
Die chinesische Lyrikerin Yu Xiuhua wurde mit dem Gedicht „Crossing Half of China to Sleep with You“ über Nacht zum Star. Das Gedicht wurde vielfach ins Englische übersetzt. Diese Texte differieren mitunter nur in wenigen Worten – und doch ändert sich so ihre Bedeutung. Jede Übersetzung beinhaltet ein Scheitern. Für den Choreografen Christoph Winkler und den Performer Naishi Wang ist das der Ausgangspunkt für eine neue Performance:
Beide folgen beim Übertragen der Wörter in Bewegungen, Gesten und Posen einer Subjektivität, die dem Gebrauch der Worte ähnlich ist. So entstehen Kombinationen physischer Symbole und lyrischer Metaphern, die oszillieren, ineinander verschmelzen und sich gegenseitig irritieren. Über den Atem des Tänzers, werden Yu Xiuhuas Worte und Laute eingesogen und finden Resonanz in Körper und Bewegung. Das Scheitern des Übersetzungsvorgangs wiederholt sich bei der Übertragung in die Sprache des Körpers und kreiert eine Atmosphäre der Uneindeutigkeit./ Mehr
Premiere: 22. Februar 2016, 20 Uhr, Vierte Welt| Neues Zentrum Kreuzberg| Galerie 1. OG | Kottbusser Tor| Adalbertstr. 96.
geht weiter mit Sonett #25:
LEt those who are in fauor with their stars,
Deutsch von Dorothea Tieck:
Mag jener, den der Sterne Gunst beglückte,
Hier die aktuelle und alle bisherigen Folgen
Die Stadt Hausach und der Hausacher LeseLenz vergeben in Kooperation mit der Neumayer Stiftung und dem Verein zur Förderung des Hausacher LeseLenzes e.V. drei Arbeits- und Aufenthaltsstipendien ohne Gegenleistung.
Zum einen in der Kategorie Kinder- und Jugendbuch, zum anderen ein Stipendium für Lyrik oder Prosa. Ein drittes Stipendium trägt den Namen „Gisela-Scherer-Stipendium des Hausacher LeseLenzes“. Dieses Stipendium soll an Gisela Scherer erinnern, die im Jahr 2010 verstorben ist. Sie war Mitbegründerin des Hausacher LeseLenzes vor 20 Jahren und hatte die Idee der Hausacher Stadtschreiber-Stipendien mitentwickelt. Das Gisela-Scherer Stipendium kann sowohl für Lyrik und Prosa als auch in der Kategorie Kinder- und Jugendbuch vergeben werden.
Die Stipendien werden jeweils für drei Monate zugeteilt und bestehen aus der Bereitstellung einer Wohnung in Hausach und der Zahlung von € 1.500.- pro Monat und Stipendium.
Einsendeschluß: 30.4. Mehr hier
Der libanesische Dichter Akl Awit erhält den Prix Nikos Gatsos für sein Buch «L’échappée», L’Orient des Livres, aus dem Arabischen übersetzt von Antoine Roumanos. / L’Orient, Le Jour
Am 19. ist Brancusitag in Rumänien, am 20. Welttag der Sozialen Gerechtigkeit (UNO). Am 20. Februar 1909 wurde das Futuristische Manifest in der Zeitung Le Figaro veröffentlicht. Am 20. Februar 1933 traf sich Hitler heimlich mit deutschen Industriellen zur Finanzierung seines Wahlkampfs für die letzte Reichstagswahl, zu der andere Parteien als die NSDAP zugelassen war. 21. ist Internationaler Tag der Muttersprache (UNO) und in der evangelischen Kirche Gedenktag für den „Apostel der Lappen“ Lars Levi Læstadius. Am 21. Februar 1989 wird Václav Havel wegen „Rowdytums“ zu neun Monaten verschärfter Haft verurteilt. Noch im selben Jahr wurde er Staatspräsident seines Landes, so schnell geht es manchmal.
Geburtstage haben: am 18. 1867: Hedwig Courths-Mahler, 1898: Luis Muñoz Marín (puertorikanischer Dichter), 1925: Jack Gilbert, amerikanischer Dichter, 1926: A. R. Ammons, 1931: Toni Morrison, 1933: Yoko Ono, 1934: Audre Lorde, 1938: Elke Erb, am 19. 1473: Nikolaus Kopernikus, 1747: Heinrich Leopold Wagner, 1812: Zygmunt Krasiński, polnischer romantischer Dichter, 1826: Claus Pavels Riis, norwegischer Dichter, 1869: Howhannes Tumanjan, armenischer Dichter, 1881: Paul Zech, deutscher Dichter, 1888: José Eustasio Rivera, kolumbianischer Dichter, 1896: André Breton, 1917: Margarete Neumann, 100. Geburtstag der DDR-Schriftstellerin, Mutter von Gert Neumann, 1920: Jaan Kross, estnischer Schriftsteller, 1936: Frederick Seidel, amerikanischer Dichter, am 20. 1751: Johann Heinrich Voß, deutscher Dichter und Übersetzer, 1894: Curt Corrinth, deutscher Schriftsteller, 1909: Heinz Erhardt, 1967: Kurt Cobain, 50. Geburtstag, am 21. 1837: Rosalía de Castro, spanische Dichterin, die außer Spanisch auch Galizisch schrieb und eine Wegbereiterin der Moderne wurde, 1846: Svatopluk Čech, tschechischer Dichter, 1871: Paul Cassirer, deutscher Verleger (Else Lasker-Schüler, Walter Hasenclever, Kasimir Edschmid, René Schickele, Wolfgang Koeppen) und Galerist, 1895: Erich Knauf, Journalist, Schriftsteller und Liedtexter („Mit Musik geht alles besser“), von den Nazis hingerichtet, 1903: Anaïs Nin, 1903: Raymond Queneau, 1907: W. H. Auden, 1920: Ishigaki Rin, japanische Dichterin, 1926: Karl Otto Conrady, deutscher Literaturwissenschaftler, Gedichtanthologie „Der Conrady“, 1944: Ingomar von Kieseritzky, 1955: Gerhard Gundermann, Liedermacher, am 22. 1788: Arthur Schopenhauer, 1819: James Russell Lowell, US-amerikanischer Lyriker, Essayist und Diplomat, 1886: Hugo Ball, Dada-Mitbegründer, Pionier des Lautgedichts, 1892: Edna St. Vincent Millay, 1914: Karl Otto Götz, (K. O. Götz,) Maler des Informel, surrealistischer Lyriker, 1925: Gerald Stern, am 23. 1899: Erich Kästner, 1899: Elisabeth Langgässer, 1942: Fernanda Seno, portugiesische Dichterin, 1945: Robert Gray, australischer Dichter, 1952: Knud Wollenberger, deutschsprachiger Lyriker dänischer Nationalität, am 24. 1304: Ibn Battuta, marokkanischer Gelehrter und Reisender, am 24. (14. alten Stls) 1621: Sibylla Schwarz (396. Geburtstag), 1786: Wilhelm Grimm, Sprachwissenschaftler, 1837: Rosalía de Castro, spanische, galizische Autorin, 1895: Wsewolod Wjatscheslawowitsch Iwanow, russischer Schriftsteller, Mitgründer der Serapionsbrüder, 1885: Stanisław Ignacy Witkiewicz, polnischer Schriftsteller, 1902: Richard Alewyn, deutscher Germanist, 1909: Abu al-Qasim asch-Schabbi, tunesischer Dichter, 1935: Ryhor Baradulin, weißrussischer Dichter
Todestage: am 18. 814: Angilbert, fränkischer Hofkaplan, Diplomat und Dichter am Hof Karls des Großen, Spitzname Homer, 1294: Kublai Khan, bekannt durch ein berühmtes Gedicht von Coleridge, 1405: Timur Lang (Tamerlan), mongolischer Herrscher, berühmt durch Mickels Gedicht „Der See“, 1546: Martin Luther, der Mönch, Reformator, Übersetzer, Antisemit war auch ein großer Dichter, 1564: Michelangelo, 1780: Kristijonas Donelaitis, litauischer Dichter, schrieb auch auf Deutsch, 1803: Johann Wilhelm Ludwig Gleim, 1807: Sophie von La Roche, 1854: Thomas Abbott, englischer Dichter, 1939: Jakub Lorenc-Zalěski (Lorenc „hinter dem Walde“), bedeutender sorbischer Dichter und Publizist, Großvater von Kito Lorenc, 2001: Hermann Adler, deutschjüdischer Schriftsteller und Publizist, 2013: Otfried Preußler, am 19. 1837 (vor 180 Jahren): Georg Büchner, 1887: Multatuli, niederländischer Schriftsteller, 1952: Knut Hamsun, 1988: René Char, 2016: Umberto Eco, am 20. 2003: Maurice Blanchot, am 21. 1721: Christoph Heinrich Amthor, deutscher Lyriker, von Telemann vertont, 1841: Dorothea Tieck, Shakespeare-Übersetzerin, 1862: Justinus Kerner, 1918: Hedwig Lachmann, Lyrikerin und Übersetzerin (ungarische Lyrik, Edgar Allen Poe), 1980: Alfred Andersch, 2006: Gennadi Ajgi, tschuwaschischer Lyriker, am 22. 1671: Adam Olearius, 1913: Ferdinand de Saussure, Schweizer Sprachwissenschaftler, 1939: Antonio Machado, spanischer Lyriker, 1943: Hans und Sophie Scholl, 1945: Ossip Brik, 1985: Salvador Espriu, 2006: Hilde Domin, am 23. 1653: Georg Rodolf Weckherlin, 1821: John Keats, 1904: Friederike Kempner, schlesischer Schwan (Textkette), 1984: Uwe Johnson, 1955: Paul Claudel, am 24. 1799: Georg Christoph Lichtenberg, 1836: Dániel Berzsenyi, ungarischer Dichter, 1940: Ludwig Kessing, Bergmann, Arbeiterdichter, 1941: Oskar Loerke, 1975: Hans Bellmer, deutscher Künstler
Thomas Kling lebt, schreibt über 9/11 und zitiert Petrarca von 1352 : „Ich will, dass mein Leser, wer es auch sei, nur an eines denkt: an mich, nicht an die Verheiratung seiner Tochter, nicht an die Nacht bei der Freundin, nicht an die Intrigen seiner Feinde, nicht an Bürgschaften, nicht an sein Haus oder Feld oder an seine Geldkasse, und dass er, zumindest solange er mich liest, bei mir ist. Wenn er mit Geschäften überbürdet ist, soll er das Lesen aufschieben, sobald er sich aber anschickt zu lesen – da soll er die Last der Geschäfte und die Sorge um seine Privatangelegenheiten von sich werfen und seinen Sinn auf das richten, was er vor Augen hat. Wenn ihm diese Bedingung nicht passt, soll er von diesen unnützen Schriften fernbleiben.“ – Es ist höchste Zeit, Okopenko herauszuholen aus der österreichischen Enge. Er verdient ein größeres Publikum, das allmählich findet, dass Robert Gernhardt zwar ein passabler Kasperl ist, aber keine große Literatur schreibt, sagen die Ösis. Überhaupt, die österreichische Literatur ist keine Unterabteilung
der deutschen. Borchardt beim Duce, Literaturvereinswesen, Zoff um Anne Carson.
Dies und mehr hier.
wir – Billardkugeln, die knallend aneinanderstoßen, die Stöße lautlos weitergeben
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Sehr schön, dranbleiben.
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