Schlagwort: Jürgen Verdofsky

Vielleicht als Irrsinns-Gedichte

Am Ende war der Dichter, der Rheinländer in Ost-Berlin, nicht geblendet vom eigenen Werk, er war darüber hinaus. Keine zwei Jahre vor seinem Tod sagte Adolf Endler (1930-2009) in einem Interview: „Ich muss nicht unbedingt noch Gedichte schreiben. Es liegen noch genug in meinem… Continue Reading „Vielleicht als Irrsinns-Gedichte“

Mit verschollenen Mitteln

Schon die „Lietzenlieder“ lasen sich wie befreit, mit dem Gedichtband „Gegenreden“ geht es jetzt in Stimmlage und Intonation flagrant weiter. Kolbe spricht aus einer anderen Perspektive, es zeigen sich neue Obertöne. Dichtung, die nicht stehenbleibt, hat ihren Anteil verborgener Dinge eines Vorlebens. Sie trägt… Continue Reading „Mit verschollenen Mitteln“

68. Wulf Kirsten 80

Kirsten hat in der Tradition von Peter Huchel und Johannes Bobrowski früh erkannt, zur Natur kann man Beziehungen pflegen ohne Ambivalenz. Hier emanzipiert sich die existentielle Angst. Sie verliert an Destruktion und kommt zur Ruhe. Aber immer zeigt sich in seinen Gedichten etwas ohnegleichen,… Continue Reading „68. Wulf Kirsten 80“

34. Islands Adel

Die Isländer finden in rauer Welt im Wiederholen ihrer Dichtung kontemplativen Frieden. Und immer gilt, ein Dichter ist ein Dichter, auch wenn er sein Glück „im Hering“ suchen muss, wie der Ich-Erzähler im Roman „Islands Adel“ von Thórbergur Thórdarson. Ein Gedicht von diesem Thórbergur… Continue Reading „34. Islands Adel“

92. Kein Mangel an Sprachüberraschungen

Das 21. Jahrhundert eröffnet nicht mit einem programmatischen Jahrzehnt der Lyrik. So etwas gab es auch nur einmal: Das Jahrzehnt des Expressionismus von 1910 bis 1920*). Aber was historisch gilt, muss im Einzelnen nicht zutreffen. Eine Anthologie des Kritikers Michael Braun und des Lyrikers Hans… Continue Reading „92. Kein Mangel an Sprachüberraschungen“

16. Todesnachrichten

Nein, ich kam spät nach Haus, ich wußte es nicht. Ich wollte gerade die Nachricht vom Tod des Schriftstellers Julius Sekai Chingono aus Simbabwe recherchieren, da kam eine Mail von Axel Kutsch: Eva Strittmatter und Hadayatullah Hübsch gestorben. Der Tod hält Ernte. Zunächst einige Zitate… Continue Reading „16. Todesnachrichten“

123. Rosen & Verstand

Es gibt einen Widerstreit von Anmutung und Vernunft. Der polnische Dichter Adam Zagajewski spricht von Lyrikern, „deren Werk nicht nach Rosen duftet, sondern nach Verstand“. Auch sein deutscher Hanser-Verleger Michael Krüger kann ihnen zugerechnet werden. In Krügers Gedichtband „Ins Reine“ bleibt die Präsenz einer… Continue Reading „123. Rosen & Verstand“

113. Verkennung mit Folgen

Beim Bau der Mauer erlag Endler wie viele im Umfeld einem Paradoxon: „Wir glaubten, dass mit der Mauer die Freiheit im Lande größer würde.“ Eine fatale Verkennung, das sich straffende Gängelband ließ sich nicht spurlos tragen. Noch schrieb Endler auf seine Weise Aufbau-Lyrik. „Ich… Continue Reading „113. Verkennung mit Folgen“

119. Anti-Kanon-Standardwerk

Die Moderne ist kein Handstreich, erst Intervalle geben sie frei. Ihre Aura bleibt ein Phänomen der Wahrnehmung. Wann setzt sie ein? Wulf Kirsten sieht ein „eruptives Poesie-Ereignis“ im Zyklus „Heidebilder“ der Annette von Droste-Hülshoff. Oder in dem Gedicht „Die Felswand“ von Conrad Ferdinand Meyer.… Continue Reading „119. Anti-Kanon-Standardwerk“

77. Kurt Bartsch gestorben

Der Lyriker Kurt Bartsch ist tot. Er starb am Sonntag im Alter von 72 Jahren in Berlin, wie die Zeitungen informieren. Damit ist ein weiterer wichtiger Vertreter der ehemaligen DDR-Lyrik abgetreten. Adolf Endler schrieb einst über ihn, mit der (1969 erschienenen und sogleich durch… Continue Reading „77. Kurt Bartsch gestorben“

Das Leben ist schön

Günter Kunert befreit sich unentwegt von seinem leicht entfessselbaren Gedächtnis. Mit seinem Verstummen kann nur rechnen, wer ihm vorschnell*) die letzte Altersstufe als Fatalist zuschreibt. Günter Kunert ist davon weit entfernt. Die benachbarte Sarah Kirsch erfährt den Dichterfreund alltäglich und entlastet uns von aller… Continue Reading „Das Leben ist schön“

Hombroich-Elegie

Wenn die Geschichte ihre Richtung wechselt, ist die Kennung manchmal überdeutlich, so wenn selbst Raketenhorste umgewidmet werden. Wen wundert es, dass Thomas Kling in der aufgegebenen Raketenstation Hombroich Quartier bezogen hat? „ein ausgeglühtes gebiet, / kegel, / das fernsicht / ermöglicht. gehör von weitem:… Continue Reading „Hombroich-Elegie“