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In den 1950er-Jahren hat sie sich ihren Platz in der ersten Reihe der österreichischen Lyrik erschrieben, in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre geriet sie gegenüber den dominierenden Tendenzen der sprachexperimentellen und der politischen Lyrik ins Abseits und wurde als sprachkonservative Traditionalistin wahrgenommen. Liest man ihr Werk heute neu, könnte man in ihren besten Gedichten durchaus Strukturparallelen mit den lakonisch verknappten Versen von Elfriede Gerstl oder auch des frühen Rainer [sic] Kunze erkennen.
Beiden Seiten sollte eine Selbstdefinition Christine Bustas in Gedichtform zu denken geben, die sich in dem aus dem Nachlass herausgegebenen Band „Der Atem des Wortes“ findet: „Ich bin eine durch/das Christentum/gebrochene Heidin.//Aber ich bin für diese/Brechung dankbar.“ Die belebte, ja geradezu personalisierte Natur kann als eine poetische Konkretisierung dieser „heidnischen“ (naturreligiösen) Einstellung gelesen werden.
Ein Schock war das Bekanntwerden von Christine Bustas Involvierung in den Nationalsozialismus durch einen 2008 im Sonderzahl-Verlag erschienenen Materialienband, in dem auch Texte aus dem Busta-Nachlass im Innsbrucker Brenner-Archiv präsentiert wurden. Busta war NSDAP-Mitglied und aus der katholischen Kirche ausgetreten, und noch am 20.Juli1944 schrieb die damals 29-Jährige an ihren Mann, den Musiker Max Dimt, einen glühenden Nationalsozialisten: „Eben erfuhr ich im 22-h-Nachrichtendienst vom Anschlag auf den Führer, und Du darfst mir’s glauben, dass ich dem Himmel danke, dass er fehlging. Es wäre wohl unausdenkbar, wenn jetzt seine Hand vom Steuer sänke!“ Zitiert man diese Briefstelle, muss man aber zugleich darauf hinweisen, dass Busta nie dumpfe Blut-und-Boden-Lyrik geschrieben oder Preisgedichte auf den Führer und den Anschluss verfasst hat, wie sie sich im „Bekenntnisbuch österreichischer Dichter“ von Gertrud Fussenegger, Josef Weinheber oder Franz Tumler finden. / Cornelius Hell, Die Presse
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