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Horst Lange
(* 6. Oktober 1904 in Liegnitz; † 6. Juli 1971 in München)
Die Katzen Der Wind drängt die zerbrochnen Türen Ins leere Haus hinein, Der Wind will meine Schritte führen, Ich trete zögernd ein, Die kalten Wirbel schweifen Um Tisch und Stuhl und Spind Und rühren Band und Schleifen, Der Spiegel ist schon blind. In fahler Runde hallen Schüsse, Ich trag den Krieg mit mir, Ich sä den Krieg, als fielen Nüsse Auch in der Stille hier, Im Stall die toten Fohlen Warn ganz verrenkt und glatt, Jetzt lausche ich verhohlen, da raschelt nur ein Blatt. Der Frost zerfraß die grünen Pflanzen, Die in den Töpfen stehn, Bald werden graue Flocken tanzen Und durch die Fenster wehn, Schon stäubt die Winterasche Auf jedes bunte Bild Aus des Oktobers Tasche, Der ist nicht sanft und mild. Die Dämmrung füllt das trübe Zimmer, Wie Sporen den Bovist, Wo sonst am Ofen Feuerschimmer Und lauliches Genist, Da spinnt ein eisger Schatten Nun Bank und SchemeI ein, Ich fühl den Puls ermatten und hör die Katzen schrein. Die harte Krall in weichen Sohlen, So glitten sie heran, Lautlos, auf lockren Dielenbohlen, Mit einem bösen Bann, Ich lehne an dem Pfosten, In Händen das Gewehr, Die Katzen sind wie Posten Und dulden mich nicht mehr. Die Frauen aus den blassen Bildern, Sie lächeln ihnen zu, Der Bauer lacht, weil sie verwildern In Bett und Häckseltruh, Ich kann es nicht vernehmen, Doch spür ich, wie es lacht, Hier ist nichts mehr zu zähmen, Ich gehe in die Nacht. Für Alfred Kubin
Aus: Panorama moderner Lyrik deutschsprechender Länder. Von der Jahrhundertwende bis zur jüngsten Gegenwart. Herausgegeben von Wolfgang Hädecke und Ulf Miehe. Gütersloh: S. Mohn, o.J. (1965), S. 328f
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