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Veröffentlicht am 19. September 2010 von lyrikzeitung
Der populäre Schriftsteller Hanns Cibulka wäre am Montag 90 Jahre alt geworden
Tief deprimiert beklagte Hanns Cibulka 1972: „Seit sieben Monaten keinen einzigen Vers mehr geschrieben.“ Damals machten sich erste Anzeichen für das Abflauen seiner poetischen Kraft bemerkbar. Es fiel ihm schwerer, den melodischen Ton früherer Gedichte zu treffen. Die Lähmung verschärfte sich im folgenden Zeitraum erheblich, sodass er 1988 illusionslos verkündete: „Wenn ich den Heimweg antrete, trage ich keine Gedichte mehr mit mir nach Haus, die Zeit der Verse scheint für immer vorbei zu sein.“ Das Verstummen eines beachtlichen Lyrikers nahm damit seinen Lauf. Dass Cibulka keine Strophen mehr zu Papier brachte, hing mit der inneren Erstarrung des sozialistischen Systems zusammen, aber auch mit der Bestürzung über den ökologischen Ruin, die ihn in Atem hielt. Engagiert notierte er: „Die Verachtung gegenüber der Erde, dem Tier, der Pflanze nimmt täglich zu.“ Deshalb riet er: „Jedem Ministerpräsidenten, aber auch den Aufsichtsräten in den Chefetagen der Wirtschaft sollte man Tag für Tag ein Glas mit vergiftetem Grundwasser auf den Arbeitstisch stellen, als Mahnung, als Hinweis auf die fortschreitende Zerstörung der Lebensräume.“ / Ulf Heise, Freie Presse 18.9.
Mehr: Ostthüringer Zeitung (Frank Quilitzsch)
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Frank Quilitzsch, Hanns Cibulka, Ulf Heise
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