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Er galt in der DDR als Klassiker, wurde rezitiert in Schulen und Festsälen. Aber der größte Teil seines Werks wurde vor der Gründung der zwei deutschen Staaten geschrieben. Es ist ein Stück nach 1945 auf zwei Staaten aufgeteilte Geschichte. Heute vor 70 Jahren ist Erich Weinert gestorben.
Erich Weinert
(* 4. August 1890 in Magdeburg; † 20. April 1953 in Ost-Berlin)
Ein Ochse meldet sich zum Wort Verehrte Anwesende, lassen Sie mich Ein bescheidenes Wort in die Waagschale werfen! Ich finde es unverantwortlich, Die Gegensätze im Volk zu verschärfen. Ich bin nicht von der modernen Art, Ich habe noch meinen deutschen Glauben Und schlichten Ochsenverstand bewahrt. Den kann man mir Gott sei Dank nicht rauben. Sie vertreten heute so radikal Umsturz und Auflehnung gegen das Schlachten. Ich meine, man sollte die Dinge mal Von einer höheren Warte betrachten. Den Schlächterstand und den Ochsenstand Gab es zu allen Zeiten auf Erden: Sie sind geschaffen, fürs Vaterland Zu schlachten und geschlachtet zu werden. Und wenn der Schlächter sein Banner entrollt, Dann müssen wir Ochsen zu sterben wissen! Das hat die Vorsehung so gewollt, Vor der auch wir Ochsen uns beugen müssen. Nur eine gottverlassene Partei Bezeichnet die heilige Sache mit Morden. Und außerdem ist die Schlächterei Doch heute wirklich human geworden. In dieser zivilisierten Zeit Hat jeder Schlächter seinen Betäuber. Was tun die nicht für die Ochsenheit! Und so was nennen Sie Mörder und Räuber? Nein, freiwillig gehen wir in den Tod! Sie treffen mich nicht mit Ihrem Gelächter. Ich bin ein Ochse von altem Schrot Und stehe in Treue zu meinem Schlächter! 1932
Aus: Poesiealbum 5. Erich Weinert. Berlin: Neues Leben, 1968, S. 4f
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