Zum Runebergtag

5. Februar ist in Finnland Runebergtag. Man feiert den Geburtstag eines Dichters.

Johan Ludvig Runeberg (* 5. oder 7. Februar 1804 in Jakobstad; † 6. Mai 1877 in Porvoo), finnlandschwedischer Dichter, Nationaldichter Finnlands. Sein Geburtstag ist Runebergtag, da isst man Runebergtorte.

L&Poe schließt sich heute an mit dem Anfang des finnischen Nationalepos „Kalevala“, das zwar nicht Runeberg, sondern Elias Lönnrot aus finnischen Volksliedern zusammenstellte. (Ich weiß nicht, ob es ein Fauxpas ist, Lönnrot statt Runebergtorte, und ob es mir die Finnen übelnehmen werden. In dieser Woche gab es bis jetzt 17 Klicks aus Finnland, sagt mir WordPress. Hallo ihr da!). Das Kalevala erzählt von der Geschichte der Finnen und auch von der Kraft der Worte. So sind sie, die jungen tausendjährigen Völker.

Elias Lönnrot wurde am 9. April 1802 in Sammatti in Schweden geboren und starb am 19. März 1884 in Sammatti, nun Russisches Kaiserreich. (Heute liegt es in Finnland)

Mit seinem Werk legte er den Grundstein für eine finnischsprachige Literatur und die Entwicklung einer finnischen Identität. Er gilt nach dem Bibelübersetzer Mikael Agricola als „zweiter Vater der finnischen Sprache“. Die Banknote zu 500 Finnische Mark, welche von 1986 bis zur Einführung des Euro Zahlungsmittel war, trägt seine Abbildung.

Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Elias_Lönnrot

Hier die erste Seite der Übersetzung von Lore und Hans Fromm, die 1967 bei Hanser und 2005 in einer „Volksausgabe“ bei Marix erschien. Nach dem finnischen Original und einer Strophe der ersten deutschen Übersetzung von 1852 noch der Anfang einer Nacherzählung in Prosa, die 1959 in der DDR erschien. Sie hat zwar nichts mit dem Anfang des Gedichts zu tun, gibt aber etwas Kontext.

Mich verlangt in meinem Sinne, mich bewegen die Gedanken,
An das Singen mich zu machen, mich zum Sprechen anzuschicken,
Stammesweise anzustimmen, Sippensang nun anzuheben.
Worte schmelzen mir im Munde, es entstürzen mir die Mären,
Eilen zu auf meine Zunge, teilen sich an meinen Zähnen.

Lieber Freund, du mein Gefährte, schöner Jugendspielgenosse!
Mach dich mit mir nun ans Singen, schick dich mit mir an zum Sprechen,
Da wir uns nun hier vereinten, hierher kamen von zwei Seiten!
Selten kommen wir zusammen, kommt der eine zu dem andern
In den armen Grenzgefilden, auf des Nordens karger Krume.

Laß uns Hand in Hand nun legen, Finger zwischen Finger fügen,
Daß wir guten Sang nun singen, unsre besten Weisen bieten;
Lauschen sollen ihm die Lieben, wissen sollen, die sichs wünschen,
In der Jugend, die emporsteigt, in dem Volke, das heranwächst,
Jene Worte, die gewonnen, Lieder, die ans Licht gekommen,
Aus dem Gürtel Väinämöinens, unter Ilmarinens Esse,
Aus der Klinge Kaukomielis, Joukahainens Bogenflugbahn,
Von den fernsten Nordlandfeldern, Kalevalas kargen Fluren.

Diese sang mein Vater früher, wenn am Schaft des Beils er schnitzte,
Diese lehrte mich die Mutter, wenn sie ihre Spindel spulte,
Ich als kleines Kind am Boden krabbelte vor ihren Knieen
Als ein kümmerlicher Milchbart, als ein kleingewachsnes Milchmaul.
Sampo war nicht ohne Worte, Louhi ohne Zauberlieder:
Alt ward Sampo an den Worten, Louhi starb an Zauberliedern,
Vipunen verging an Weisen, Lemminkäinen starb am Leichtsinn.

Auch noch andre Worte gibt es, zugelernte Zauberkniffe,
Von dem Rain am Weg gerissen, abgeknickt von Heidekräutern,
Ausgerauft aus Reisighaufen, abgezwickt von frischen Zweigen,
Abgestreift von Gräserspitzen, abgepflückt vom Viehzaunpfade,
Als ich war beim Herdehüten, war, als Kind noch, auf der Weide,
Auf den honigsüßen Höhen, auf den goldnen Hügelhängen,
Hinter Muurikki, der schwarzen, Kimmo, der gefleckten, folgend.

Auch der Frosthauch sprach mir Verse, Regen sandte mir Gesänge,
Andre Weisen brachten Winde, trugen mir die Meereswogen,
Sprüche führten zu die Vögel, Wipfel brachten Zauberworte.

Aus: Kalevala. Das finnische Epos des Elias Lönnrot. Aus dem finnischen Urtext übertragen von Lore Fromm und Hans Fromm. Wiesbaden: Marix, 2005, S. 5

Das Original

Mieleni minun tekevi, aivoni ajattelevi
lähteäni laulamahan, saa'ani sanelemahan,
sukuvirttä suoltamahan, lajivirttä laulamahan.
Sanat suussani sulavat, puhe'et putoelevat,
kielelleni kerkiävät, hampahilleni hajoovat.

Veli kulta, veikkoseni, kaunis kasvinkumppalini!
Lähe nyt kanssa laulamahan, saa kera sanelemahan
yhtehen yhyttyämme, kahta'alta käytyämme!
Harvoin yhtehen yhymme, saamme toinen toisihimme
näillä raukoilla rajoilla, poloisilla Pohjan mailla.

Lyökämme käsi kätehen, sormet sormien lomahan,
lauloaksemme hyviä, parahia pannaksemme,
kuulla noien kultaisien, tietä mielitehtoisien,
nuorisossa nousevassa, kansassa kasuavassa:
noita saamia sanoja, virsiä virittämiä
vyöltä vanhan Väinämöisen, alta ahjon Ilmarisen,
päästä kalvan Kaukomielen, Joukahaisen jousen tiestä,
Pohjan peltojen periltä, Kalevalan kankahilta.

Niit' ennen isoni lauloi kirvesvartta vuollessansa;
niitä äitini opetti väätessänsä värttinätä,
minun lasna lattialla eessä polven pyöriessä,
maitopartana pahaisna, piimäsuuna pikkaraisna.
Sampo ei puuttunut sanoja eikä Louhi luottehia:
vanheni sanoihin sampo, katoi Louhi luottehisin,
virsihin Vipunen kuoli, Lemminkäinen leikkilöihin.

Viel' on muitaki sanoja, ongelmoita oppimia:
tieohesta tempomia, kanervoista katkomia,
risukoista riipomia, vesoista vetelemiä,
päästä heinän hieromia, raitiolta ratkomia,
paimenessa käyessäni, lasna karjanlaitumilla,
metisillä mättähillä, kultaisilla kunnahilla,
mustan Muurikin jälessä, Kimmon kirjavan keralla.

Vilu mulle virttä virkkoi, sae saatteli runoja.
Virttä toista tuulet toivat, meren aaltoset ajoivat.
Linnut liitteli sanoja, puien latvat lausehia.

Hier steht der Gesamttext in einer Übersetzung ins Englische, hier in der ersten deutschen Ausgabe, die nur 3 Jahre nach dem Original in der revidierten Ausgabe erschien. Zum Vergleich hier die erste Strophe in dieser Fassung (von Anton Schiefner, 1852).

   Werde von der Lust getrieben,
Von dem Sinne aufgefordert,
Daß ans Singen ich mich mache,
Daß ich an das Sprechen gehe,
Daß des Stammes Lied ich singe,
Jenen Sang, den hergebrachten;
Worte schmelzen mir im Munde,
Es entschlüpfen mir die Töne,
Wollen meiner Zung’ enteilen,
Wollen meine Zähne öffnen.

Kalewala. Finnische Heldensagen

Die Vorfahren des finnischen Volkes lebten irgendwo in dem großen Gebiet zwischen dem nördlichen Uralgebirge und dem Finnischen Meerbusen. Kalewala nannten sie dieses Land der Wälder, Seen und Sümpfe nach ihrem Stammvater Kalewa.
In den dichten Wäldern wuchsen allerlei eßbare Beeren, tummelten sich jagdbare Tiere. Ängstliche Hasen, stolze Elche waren häufig anzutreffen, Luchse schlichen durch das Dickicht, Wölfe heulten in der Nacht, und nicht selten trottete ein brauner Zottelbär auf versteckten Pfaden durch stille Gebiete. Auf dem Grunde der Seen standen fette Barsche, im Schilf verborgen lauerten riesige Hechte auf Beute, in Flüssen und Bächen sprangen Lachse und Forellen.
Die fischreichen Flüsse liefen bald ruhig fließend, bald in Stromschnellen brausend mit donnerndem Gefälle zwischen schrofen Felsen durch das Land und ergossen sich ins Meer mit seinen breiten Buchten. Aus dem Wasser ragten Klippen; Landspitzen brachen gegen die brandenden Fluten hervor, und in der Ferne ahnte das suchende Auge einsame Inseln.
In diesem Lande wohnten auf weiter Fläche wenig Menschen, ihre Häuser bauten sie aus roh behauenen Balken. Sie lebten als Jäger, Fischer und seßhafte Bauern, die der Wildnis Stück für Stück Boden entrissen und es zu Ackerland und Weideplätzen urbar machten. Was sie zum Leben brauchten, gab ihnen die umgebende Natur, aber sie mußten es ihr in harter Arbeit abringen. Sie zogen Pferde, Rinder und Schafe, kannten schon das Spinnrad, spannen Flachs und Wolle und webten weißes Linnen. Viele Geräte stellten sie aus Holz her, bauten Boote und Gleitwagen, die sie im Winter wie Schlitten benutzten. Aus Erzen schmolzen sie Eisen und Kupfer und verfertigten aus den Metallen Schmuck, Werkzeuge und Waffen.
Die Menschen in Kalewala waren kräftig von Gestalt, gestählt im Daseinskampf, in strengen, langen Wintern abgehärtet, ausdauernd bei der Jagd und schnell auf ihren leichten Schneeschuhen aus Tannen- oder Birkenholz. Sittsam und fleißig waren die Frauen, mutig die Männer, die keine Gefahr scheuten, weite Fahrten unternahmen und fern der Heimat mancherlei Abenteuer bestanden.
Nördlich von Kalewala, zu Wasser und zu Lande erreichbar, lag Pochjola, in dem die listige Louhi herrschte. Die Männer von Kalewala nannten es das finstere Pochjola, weil es im Winter selten die Sonne sah, unwirtlich war und weil sie mit den Bewohnern oft in Fehde lagen.

Aus: Kalewala. Finnische Heldensagen. Erzählt von Heinz Goldberg. Leipzig: Prisma, 1959, S. 11f

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