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Veröffentlicht am 12. Juli 2022 von lyrikzeitung
MIKAEL VOGEL Aufbegehren, für Friederike Mayröcker Wenn ich einmal sterben Entgegen meiner Absicht trotzdem einmal sterben sollte Obwohl der Tod mein Leben lang mein Todfeind war Obwohl ich länger schreiben, viel mehr lesen wollte Länger nicht daran ge- Dacht hatte aber viel mehr Leben ansammeln wollte Vergessen hatte dass das ewige Leben in der Intensität des Lebens liegt Sagt nicht dass ich in Frieden ruhen solle Gebt mich nicht so leicht auf, wünscht dass ich mich wälzen Dass ich um mich schlagen möge, den Tod an seinen gelben Fingernägeln ziehen Seine Knochen durchzuschütteln ver- Suchen An seinen unverrückbaren Rippen meine Hände pulverisieren In meiner angesammelten Wut Sie ihm alle heimzuzahlen versuchend, meine Toten Die er wegge- Rissen Gedemütigt, wie Lappen ausgewrungen hat In Kindskörpern wegzog In greisen Schmerzgefäßen überraschte, es war zu früh Denen er, Gift ins Ohr, an Weganfängen einflüsterte es sei zu spät Die weinend mitgegangen sind. Redet nicht vom Bleiben eines Werks als ob es den Tod seines Menschen er- Setze. Sagt: ihre Lebenslust. Sagt: sie riskierte die Nacht. Ihre Erinnerungen, ver- Stummt. Die Entfernung in die hin sie ganz allein war, uns ver- Lorengegangen. Sagt: Mit der die ich kannte ist die die ich nie kennenlernte ver- Schwunden. Ich sage: Dort, wo deine Füße waren. Deine Luftschuhe, leer
Aus: manuskripte 236/2022. weiter schreiben. S. 101
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Friederike Mayröcker, Mikael Vogel
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