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Fritz Naschitz
(Geb. 21. Mai 1900 Wien; 1940 Palästina. † 26. März 1989 Tel Aviv)
Außer das Gottesreich lobpreisenden hymnischen Gesängen beeinflußte die Tondichtung des Hohenlieds auch die weltliche Poesie, die im mittelalterlichen Spanien ihre Blütezeit erlebte. Jehuda Halevys Sehnsucht nach dem Heiligen Land sowie Abraham ben Meirs und Ibn Gvirols reizvoll gefärbte, von heiterer Magie beleuchtete Verse prägen ihre Schöpfer zu leidenschaftlichen Bildnern, deren Verwurzelung mit dem weltlichen und religiösen Ideengut ihres Volkstums einen Glanzpunkt jüdischer Schaffensfreude bildet.
Als Illustration der ungehemmt-menschlichen Innen- und Außenbeziehung diene folgendes, zeitzugeschnittene Gedicht Ibn Gvirols, betitelt:
Trinklied
Wenn die Weinvorräte weichen
gleichen Augen Tränenteichen
……………………………………………………. lauter Wasser,
……………………………………………………. Wasser nur,
Und wenn’s sich um Fleischmahl handelt,
schmeckt es Hostien-gewandelt
wenn der Schmaus des Trunks ermangelt
……………………………………………………. Wasserkrüge
……………………………………………………. rebenleer,
Moses hat viel Leid erlitten
mußte Abstinenz erbitten
jetzt liest er uns die Leviten
……………………………………………………. wetteifern mit
……………………………………………………. Flüssigkeit,
Froschgequak zur Morgenröte
klingt mein Lied ob großer Nöte
ich beschimpf, wie eine Kröte
……………………………………………………. Poseidon
……………………………………………………. den Wassergott
Und ich wünsch‘, daß meine nette
tief verhaßte Nässestätte
Schande mit Abscheu verkette
……………………………………………………. mög’ der Wasserrattenhaufen
……………………………………………………. in dem Wirbelschlund ersaufen!
Aus: Stimmen aus Israel Eine Anthologie deutschsprachiger Literatur in Israel. Hrsg. Meir M. Faerber. Stuttgart: Bleicher, 1979, S. 221
Solomon ibn Gabirol (geboren 1021 oder 1022 in Málaga; gestorben um 1070 in Valencia), jüdischer Philosoph und Dichter im muslimischen Spanien
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