Ich brannte, weinte, sang

Gaspara Stampa

(* um 1523 in Padua; † 23. April 1554[1] in Venedig)

Gaspara Stampa war eine italienische Dichterin und Kurtisane, sagt Wikipedia (deutsch). Die meisten anderen Fassungen des Onlinelexikons sagen bloß „Dichterin“. Die englische: „was an Italian poet. She is considered to have been the greatest woman poet of the Italian Renaissance, and she is regarded by many as the greatest Italian woman poet of any age.“

Die großartige und groß angelegte Anthologie der italienischen Renaissance, die Tobias Roth vor kurzem vorgelegt hat, sagt dazu, in ihren Gedichten gebe es vier männliche Gegenüber: „Vier! Unerhört! Entsprechend firmiert sie bis heute zuweilen als Kurtisane, wofür allerdings ansonsten (…) nichts aktenkundig ist.“ Und warnt: „der detektivische Versuch, Liebesgedichte in Erlebnisse rückzuübersetzen, geht in die Irre (…) Auch wo in einer Dichtung viel von Gefühl, Feuer und Liebe die Rede ist, kommen Verstand und Kalkül ins Spiel.“

Hier eins ihrer 311 Gedichte in der Übersetzung Roths und im Original.

Ich brannte, weinte, sang (Rime xxvi)

Ich brannte, weinte, sang; weine, brenne, singe;
werde weinen, brennen, singen für immer
(bis Tod, Fortuna oder Zeit zertrümmern
in Auge, Herz, Geist mir Glut, Weh und Stimme)

die Schönheit, den Wert, die zusammenklingen
durch Amor, Natur und Bildung im Innern
meines heiligen Lichtes, wo sie schimmern,
sich in Liebreiz, Klugheit, Ehre verbinden.

Denn wenn die Sonne kommt und wenn sie geht,
sommers, winters, Tag und Nacht jede Stunde,
wenn Licht, wenn Schatten schwindet oder entsteht,

sehe ich mit dem äußeren Auge und dem inneren
in dem, was er tut, gelegt
für Glanz und Süße und Anmut den Grund.

Aus: Welt der Renaissance. Ausgewählt, übersetzt & erläutert von Tobias Roth. Berlin: Galiani, 2020, S. 600

Originalausgabe von 1554: Rime Di Madonna Gaspara Stampa. In Venetia : per Plinio Pietrasanta, M. D. LIIII. [1554] (Universitätsbibliothek Basel, https://doi.org/10.3931/e-rara-5318 )

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