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Veröffentlicht am 12. Juni 2020 von lyrikzeitung
Walter Rheiner
(* 18. März 1895 in Köln; † 12. Juni 1925 in Berlin-Charlottenburg)
Nachtschnellzug
Dunkel der Nacht, das ruhig schien und fest,
zieht sich zusammen, kreist um eine Stelle
in immer engrem Strudel, wildrer Schnelle,
einschlürfend wie ein Maelstrom. Doch es läßt,
endlich aufschießend wie verirrte Welle,
zwei Lichter blühen aus dem schwarzumrasten
Zentrum des Wirbels. Und aus dem verglasten,
entfachten Horizont bricht das Gebelle
der angstgestreckten Wagenkörper vor,
die aus zerborstner Tiefe in die Helle
einbrausen: ins geduckte Hallentor
des aufgeschreckten Bahnhofs, der erzittert,
im Tanz der Räder schwillt, aufspringt und gelle
berauschte Schreie brüllt und dröhnend splittert.
Aus: Walter Rheiner, Kokain. Lyrik Prosa Briefe. Mit Illustrationen von Conrad Felixmüller. Hrsg. Thomas Rietzschel. Leipzig: Reclam, 1985, S. 31
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Walter Rheiner
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