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Veröffentlicht am 16. September 2016 von lyrikzeitung
Der Ausgezeichnete ging dann ausführlich auf die jüngsten Entwicklungen und den Umgang Europas mit dem Flüchtlingsstrom ein. Europa habe selbst die Menschen in Bewegung gesetzt: „Wir verbreiten in der Welt Nachrichten darüber, dass wir unanständig reich, saturiert und friedlich leben. An die Armen dieser Welt haben wir Fernseher verteilt, in denen wir unseren pornografischen Wohlstand, unsere lüsterne Selbstzufriedenheit und unsere schamlose Sicherheit ausgestrahlt haben“, sagte Stasiuk. „Und jetzt wollen wir in den Keller gehen und das Licht abdrehen. Aber das wird uns nicht gelingen.“
Die Literatur sei in dieser Situation ratlos. „Sie kann die Welt nicht verändern. Die Angstverwalter lesen keine Bücher. Sie lesen Zeitungen sowie Biografien von Tyrannen und sehen fern. Das bedeutet aber nicht, dass wir, einfache Menschen, dasselbe tun sollten. Erzählungen bringen uns Mut bei. Allein schon deswegen, weil sie uns eine Welt zeigen, in der nicht nur Verbündete und Feinde leben. Unser Leben ist komplizierter als jenes von Tieren, deren einzige Wahl im Angriff oder der Flucht besteht. Dank der Literatur wird unser Leben viel komplexer. Dank ihr sind wir nicht mehr zur Gänze darin gefangen“, betonte Stasiuk.
Andrzej Stasiuk, aus der Dankrede zur Verleihung des Österreichischen Staatspreises für europäische Literatur, Die Presse 29.7.
Kategorie: Österreich, Polen, PolnischSchlagworte: Andrzej Stasiuk, Österreichischer Staatspreis für europäische Literatur
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