Die Gedichte des 21. Jahrhunderts

Jürgen Rennert 

(* 12. März 1943 in Berlin-Neukölln)

DAS ENDE DER GITARREN

In memoriam Paul Wiens
Für Hilde und Wytse Noordhof

Die Aufrichtigkeit kennt ein Gebot: den Hunger. Der Hunger
ist aufrichtig. Seine Ödeme, von allesverletzender
Deutlichkeit, ersetzen die Metaphern in den Gedichten des
einundzwanzigsten Jahrhunderts. Sie werden — dafür
vermenschliche ich mich! — reimlos sein. Und unausschreibbar.
Die Entlastungsschrift für meine Existenz wird unauffindbar
bleiben. Ich bin so hartbesaitet. Die Wirbel am Hals
meiner Kultur, noch am Boden verhelfe ich ihr zu Resonanz,
sind die Drehpunkte meiner logischen Exzesse.
Ich kann nicht so tun, als könnte ich für nichts. Ich
kann für alles, wovon ich weiß. Manchmal, nach der Liebe
und nach dem Essen, nach dem reichlichen Trinken, kotze
ich mich an. Es wäre gelogen, wenn ich sagte, daß ich das
wollte. 

Aus: Jürgen Rennert: Hoher Mond. Gedichte. Berlin: Union, 1983, S. 85

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