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Andre Rudolph
hallo! das wölfische in mir macht einen schnupperkurs, daher schreibe ich ihnen. ich deale mit den prägemünzen der intuition. gestern habe ich die kinder auf dem kopf getragen, danach taten mir hals, schultern und herz weh, das war nicht gut, gestern haben die kinder zwei schwedische kronen im garten vergraben, für die schatzsucher. ein thema regnet mir ins gedicht, folglich setze ich ihm eine kapuze, jetzt regnet es nicht mehr, aber meine schuhe sind nass. das wölfische in mir, das ich in meinem namen trage, heult, glaube ich, auf. ja, ich höre es sehr deutlich heulen. dieses gedicht wird endgültig mein ruin werden, fühle ich, endlich. sehr behutsam, ein wenig zaghaft, taste ich mich bis zur schwelle meines ablebens vor, der tod isoliert sich mit gipskartonplatten und styropor, wie anders dagegen das wölfische. (wie schwer trage ich immer wieder an meinen ohren.) von meinen angstzuständen habe ich schon berichtet, immer denke ich, dass es jetzt bald kracht, aber es kracht nicht, ein paar schaufelgeräusche, der selbstmörder in meinem lebensfilm zieht ein bein nach und winkt, brütende stare im vogelhaus, kirschdiebe, das ist alles. eine recht halsbrecherische freiheitsidee hast du da am start, sagt es. später dann wieder ein paar entlastungsbiere, das ist auch nicht gut. der kühlschrank singt das wölfische singt meine schnabeltasse zittert, oder mir ist ein schnabel gewachsen und ich bin das. wer weiß, ich weiß, sie würden jetzt gern noch mehr über meine kinder erfahren, kinder sind beruhigend. das nichts ist sehr beruhigend. vom sprachkleister werden die schuhe auch nicht trocken, denke ich, sie sind rot, ich habe sie einst auf der straße gefunden, einst, ja. schaufelRAD übrigens, nicht schaufel.
Aus: Andre Rudolph: Ich bin für Frieden, Armut und Polyamorie – welche Partei soll ich wählen? Gedichte. Köln: parasitenpresse, 2020, S. 15ff
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