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Treny heißt ein Gedichtzyklus des polnischen Dichters Jan Kochanowski (1530-1584). Laut Wörterbuch heißt das Klagelieder, aber der Anklang an das deutsche Wort Tränen ist sicher nicht zufällig – Tränen war eine in der deutschen Dichtung gebräuchliche Gattungsbezeichnung. Eine im heutigen Polen erschienene zweisprachige Ausgabe hat den Doppeltitel Treny / Thraenen sicher in Anspielung auf die alte Gattung. Die Tränen beklagen des Tod der Tochter des Dichters, Orszula (Ursula).
Kochanowski gilt als der größte Dichter der polnischen Renaissance. Er studierte in Krakau, Königsberg und Padua. Wie alle Humanisten dichtete er auf Latein. Aber als er nach Paris kam, lernte er die französischsprachige Dichtung Pierre Ronsards und seiner Kollegen kennen und begann in seiner Muttersprache zu dichten, Jahrzehnte bevor Martin Opitz das Dichten in der deutschen Volkssprache propagierte. Hier das Original und zwei deutsche Fassungen der sechsten Träne (von 19). In diesem Gedicht nennt er seine Tochter die in seiner Erwartung künftige „slawische Sappho“.
Klagelieder 6 0 meine fröhliche Sängerin! Sappho der Slawen! Welcher doch nicht nur ein kleines Stückchen vom Rasen, Sondern die Laute auch werden sollte zum Erbe! Denn wir erblickten schon dieser Hoffnung Gebärde, Da du dir Liedchen ersannst, niemals je schließend Den Mund, ja, all die Stunden des Tages uns grüßend. So wie die Nachtigall winzig zur Freude der Seele Nachtüber singt im Gesträuch mit bebender Kehle. Ach, du verstummtest zu schnell! Denn jählings verschreckte Grausamer Tod die morgens mich plaudernd sonst weckte! Süß war dein Lied mir, keinem andern vergleichlich. Aber dies Wenige zahl ich mit Tränen nun reichlich. Und, schon im Sterben, hörtest du nicht auf zu singen, Sagtest der Mutter, sie küssend, seltsame Dinge: „Mutter, ich werde von Stund an nicht mehr dir dienen, Noch kann es mir an eurem Tische geziemen, Fort muß ich gehn, zurück euch die Schlüssel geben, Meine geliebten Eltern verlassen auf ewig.“ Was längres Erinnern dem Vater, der endlich verzagte, Verbietet: die Worte, die stockenden Atems sie sagte. Und als die Mutter die Entfliehende sprechen hörte, War es, als ob ihr Herz sich von selber zerstörte.
Deutsch von Roland Erb, aus: Jan Kochanowski, Ausgewählte Dichtungen. Hrsg. Willi Hoepp. Leipzig: Reclam, 1980, S. 291
Sechste Klage Meine heitere Sängerin! Sappho der Slawen! Du solltest doch alles, all meine Gaben, Von mir bekommen, das Land wie die Laute! Dieser heiteren Hoffnung vertraute Ich, denn du sangst neue Lieder, dein kleiner Mund stand niemals still, zu keiner Stund Am Tage, wie die zarte Stimme der Nachtigall Des nachts füllt singend Busch und Tal. Viel zu früh bist du verstummt! Verrucht Schlug der Tod meine Plauderin in die Flucht! Während meine Ohren nach deinen Liedern darben. Wollen mir die Augen nicht mehr vernarben. Dein Lied blieb dir auch in der letzten Qual. Du küßtest die Mutter ein letztes Mal: „Ich kann, teure Mutter, dich nicht mehr stützen, Nicht mehr bei dir zu Tische sitzen; Hier sind die Schlüssel, es wird Zeit zu gehen. Das liebe Elternhaus nimmer zu sehen.” Das und was sonst des Vaters Seelennot vergessen will, sang und sprach sie vor ihrem Tod. Und die Mutter, der sie ihr wehes Lebewohl sang. Hat ein gutes Herz, wenn’s nicht vor Kummer sprang.
Deutsch von Ursula Kiermeier, aus: Jan Kochanowski, Treny. Thraenen. Kraków: Wydawnictwo Krakowskie, o.J., S. 19
Tren VI Ucieszna moja śpiewaczko! Safo słowieńska! Na którą nie tylko moja cząstka ziemieńska, Ale i lutnia dziedzicznym prawem spaść miała! Tęś nadzieję już po sobie okazowała. Nowe piosnki sobie tworząc, nie zamykając Ustek nigdy, ale cały dzień prześpiewając. Jako więc lichy słowiczek w krzaku zielonym Całą noc prześpiewa gardłkiem swym ucieszonym. Prędkoś mi nazbyt umilkła! Nagle cię sroga Śmierć spłoszyła, moja wdzięczna szczebiotko droga! Nie nasyciłaś mych uszu swymi piosnkami, I tę trochę teraz płacę sowicie łzami A tyś ani umierając śpiewać przestała. Lecz matkę, ucałowawszy, takeś żegnała: „Już ja tobie, moja matko, służyć nie będę Ani za twym wdzięcznym stołem miejsca zasiędę; Przyjdzie mi klucze położyć, samej precz jechać. Domu rodziców swych miłych wiecznie zaniechać.” To i czego żal ojcowski nie da serdeczny Przypominać więcej, był jej głos ostateczny. A matce, słysząc żegnanie tak żałościwe. Dobre serce, że od żalu zostało żywe.
»tren« (bei Kochanowski noch mit th) von gr. »threnos«, ›Klagelied für Verstorbene‹ hat sich interessanterweise im Polnischen etabliert, vgl. das berühmte Stück für Streichorchester von Krzysztof Penderecki für Opfer von Hiroshima, bei uns meist als »Threnos« oder »Threnody« angegeben, in der Originalpartitur »Tren – Ofiarom Hiroszimy«
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