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Veröffentlicht am 2. Juli 2021 von lyrikzeitung
Kurd Adler
(* 6. August 1892 Mainz, † 2. Juli 1916 an der Westfront)
Aus: VERSE VOM SCHLACHTFELD
Betrachten
Ganz lauernd stehen wir auf hohem Berg
und sehen Deutschland links und Frankreich rechts;
und überall ist großes stilles Land
mit weichen Wäldern und verblinkten Dörfern.
Tief eingegraben sind wir wie die Tiere,
die Beute bergen. Der Geschütze
blauschwarze Mäuler glotzen stumpf und stier.
So ahnungslos ist aller Dinge Schein,
daß erst der runde, dumpfe Schall von drüben
uns bitter denken läßt, daß wir Zerstörer sind.
Hoch hebt sich ein Gefühl
von jener Liebe zu dem stillen Lied,
dem Sonntagmorgen und Sebastian Bach.
Ein Augenblick! Und schon ist alles grau.
Fünf Männer rennen wild um ein Geschütz.
Ich denke lächelnd der Begeisterung
der Morgenblätter, die wir nicht mehr lesen.
Aus: Versensporn 43: Kurd Adler. Jena: Edition Poesie schmeckt gut, 2021, S. 27
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Kurd Adler
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