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Veröffentlicht am 7. Februar 2021 von lyrikzeitung
Heinz Czechowski
(* 7. Februar 1935 in Dresden; † 21. Oktober 2009 in Frankfurt am Main)
Flußfahrt
1
Frühnebel. Die Dörfer
Eingegrenzt vom Fluß und den Bergen.
Gutgestimmte Hähne
Wechseln den Morgengruß.
Uferzonen,
Besetzt von wiederkäuendem Vieh,
Treiben dahin. Die Sonne,
Ein randloses Licht,
Erscheint dem Tag:
Brandsätze falln, da
Ist die Welt gegenwärtig
In sächsisch-böhmischen Dörfern.
2
Jetzt sprich deine Sprache, Land,
Verschweig nichts
Mit postkartenreifen Idyllen.
Geschrieben wird nicht
Der Gruß aus dem Nichts:
Stehn sprachlos und kalt
Noch die Städte, zensieren
Zerbrochene Brücken
Noch die Geschichte ?
3
Nach einer anderen Sprache verlangen
Die nicht geschriebenen Sätze:
Zu beiden Seiten des Flusses
Nehmen Autokolonnen
Mit tödlichem Blei
Das Grün unter Beschuß.
Und die Sprache –
Jetzt ist sie ein Schlager:
Nimm den Sonnenstein
In dein Herz hinein.
(Und das Gedicht,
Gedankenlos fast,
Ist eine Arabeske,
An den Rand der Geschichte
Gezeichnet.)
4
Größers wolltest auch du! –
Ein Echo,
Zurückgeworfen
Von Felsen.
Hier nicht
Ist der Winkel von Hardt,
Wenn auch der Wald
Hinunter sinket und sinnt
Über den Fußtritt des
Schicksals.
5
Uns bleibt,
Im Bilde zu bleiben,
Unsere Losung,
Auch wenns die Gedanken
Zu Grund zieht
Wie überfrachtete Kähne.
Aus: Heinz Czechowski, Auf eine im Feuer versunkene Stadt. Gedichte und Prosa 1958-1988. Auswahl und Nachwort von Wulf Kirsten. Zeichnungen von Claus Weidensdorfer. Halle, Leipzig: Mitteldeutscher Verlag, 1988, S. 62f
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Heinz Czechowski
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