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Veröffentlicht am 5. Dezember 2020 von lyrikzeitung
Das Expressionismusjahr 2020 (100 Jahre Menschheitsdämmerung) geht in die letzte Runde. Heute noch einmal Gustav Sack, Heute vor 104 Jahren fraß ihn der Erste Weltkrieg (er hatte sich zunächst anders als viele der Mobilmachung verweigert, dann aber wegen bedrängender Mittellosigkeit sich selbst gestellt und wurde postwendend im Oktober 1914 an die Front expediert). Während seiner Greifswalder Studentenzeit wohnte er hier bei mir gleich um die Ecke (um 115 Jahre früher). Er schrieb Gedichte und Prosa, hatte aber keine hohe Meinung vom „Dichten“ und von „Dichtern“.
Gustav Sack
(* 28. Oktober 1885 in Schermbeck; † 5. Dezember 1916 bei Finta Mare, Rumänien)
Das Hopsassa
Was du nur willst! Dieweil du reimen kannst
und in beliebtem Hopsassa
erzählst was dir zu Leids geschah,
schmähst du auf jeden braven Wanst,
der reimlos seine Wege geht
und von der Narrheit nichts versteht,
die dich, indes er ißt und trinkt,
in schmerzliche Ekstase bringt
und dich ekstatisch hungern läßt.
Er soll dir deine Narrenqualen
etwa mit seinem Gelde zahlen?
Dir ist dein Narrsein ja ein Fest!
So zahle deine Feste selber
und neide nicht voll Prahlerei
und widriger Phantasterei
ihm seine wohlgeratnen Kälber,
du elendiger Hopsassa
und Tschingterassa Bum!
Aus: Gustav Sack, Versensporn 35, Jena: Edition Poesie schmeckt gut, 2019, S. 3 (zuerst erschienen 1920 in einer zweibändigen Werkausgabe bei S. Fischer).
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Gustav Sack
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