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Veröffentlicht am 15. September 2019 von lyrikzeitung
Petr Bezruč
(* 15. September 1867 in Opava; † 12. Februar 1958 in Olmütz / Olomouc)
Du und ich
Geh aus dem Wege:
schwarz meine Hände und feucht meine Kleider,
du der Besitzer, und ich schuft im Berge,
dir der Palast, mir der Katen bereitet,
phrygisch die Mütze und düster die Stirn.
Nicht hinter mir schluchzen bittende Waisen,
Hasen, die deinen, die fraßen ihr Feld leer,
Herzloser, schamlos – der Blitz dich zerreiße.
Sohn der Beskiden, des Leids und der Fron,
schuft in der Hütte, die dein, deinem Bergwerk,
kocht in den Adern auch Galle, ich schufte,
flöße dein Holz auf dem schäumenden Flusse,
schwarz, arm, den Schweiß auf der Stirn fühl ich fliegen,
brachte zum Weinen kein Kind der Beskiden,
raubte den Witwen nicht ihr Stückchen Erde,
du bist Magnat drum, ich bettle dagegen, –
kommst in die Berge? Zum Teufel hin scher dich!
Phrygischer Mütze, mir geh aus dem Wege!
Deutsch von Uwe Kolbe, aus: Die Sonnenuhr. Tschechische Lyrik aus 11 Jahrhunderten. Teil 3: 1900-1950. Hrsg. Ludvík Kundera. Leipzig: Reclam, 1987, S. 26
Kategorie: Mähren, TschechischSchlagworte: Petr Bezruč, Uwe Kolbe
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