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Die russische Dichterin Bella Achmadulina starb am Montag in ihrem Haus in Peredelkino bei Moskau im Alter von 73 Jahren. Während des Tauwetters nach Stalins Tod machte sie sich einen Namen als eine der mutigen neuen Stimmen zusammen mit Jewgeni Jewtuschenko und Andrej Wosnessenski. Tausende begeisterte Zuhörer stömten zu ihren Lesungen in Konzertsälen und Stadien.
Ihre Lyrik war entschieden unpolitisch, was sie zur Zielscheibe offizieller Kritik machte. Später wandte sie sich philosophischen oder religiösen Themen zu oder schrieb über die Natur der dichterischen Sprache: “O magic theater of a poem,/spoil yourself, wrap up in sleepy velvet./I don’t matter”. (hier komplett russisch)
Obwohl sie als Dichterin unpolitisch war, unterstützte sie offen verfolgte Autoren wie Boris Pasternak und Alexander Solshenizyn und Dissidenten wie Andrej Sacharow. 1979 fiel sie in Ungnade, weil sie eine Kurzgeschichte in dem inoffiziellen Sammelband „Metropol“ veröffentlichte (hrsg. von Wassili Axjonow).
Aber trotz ihres zweifelhaften Rufs bei den Offiziellen zählte man sie immer zu den Meistern der russischen Lyrik. 1993 schrieb Sonia I. Ketchian: „Es gibt Achmatowa, Zwetajewa, Mandelstam und Pasternak – und sie ist die fünfte.“
/ WILLIAM GRIMES, New York Times 30.11.
Mehr: The voice of Russia 30.11.
Achmadulina und Jewtuschenko in der Zeit 1962
Ihre Gedichte auf Russisch / auf Englisch /
L&Poe 2010 Jun #5. Andrej Wosnessenski gestorben
Ausweg
(29.05.08, 13:16:25 by KLAVKI)
Wohin –
ein Wort wie ein Satz.
Er floh werden sie schreiben.
Wohin
in den Sarg, ins Grab, freiwillig
wie jeder Tod.
Welches Wort heißt Ausweg?
Die Ruhe holt schon Spaten,
während ich mich
in meinen Träumen sonne –
erster, zweiter, dritter Blick
aus dem Fenster:
Dies hätte ich sein können –
Der Mann, der gegen Mitternacht
die Welt versteht und sie dir
Glas für Glas serviert.
Dies hätte ich sein können –
Das Haus, in dem die Wände
dich wohlgesonnen wärmen und
deine nächtlichen Selbstgespräche
für sich behalten.
Dies hätte ich sein können –
Die Wahrheit, die jedes Licht spaltet
und jede Trauer, jede Wand,
jeden Tod
in Liebe verwandelt.
Mein letzter Tag aber
wird ein Montag sein.
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