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Länger als bei den Lesern währte die Erinnerung an Klopstock bei späteren Dichtern. Von Goethe und Hölderlin bis zu Bobrowski und Rühmkorf reicht die Reihe der Bewunderer, die von Klopstocks Experimenten mit der Sprache und dem Vers lernten: den Verzicht auf poetische Gewohnheiten wie den Reim und den regelmässigen Wechsel von Hebung und Senkung, die Erfindung neuer Wörter, die harte Fügung von Sätzen, die absichtliche Erschwernis der Lektüre also. «Den ungehörten Wogen entströmt, / Dem gemeinen Quell entrieselt der Tod. / Glittst du auch leicht, wie dies Laub, ach, dorthin, / Sänkest du doch, Jüngling, und stürbst!» Wie könnte man den Rat an Schlittschuhläufer, vor Löchern im Eis auf der Hut zu sein, befremdlicher ausdrücken und bedeutender klingen lassen! / Heinz Schlaffer, NZZ 14.3.03
Im Rahmen der ausgezeichneten historisch-kritischen Klopstock-Ausgabe ist nun der Kommentarband zur „Gelehrtenrepublik“ erschienen, ein wirkliches Buchmonument an Umfang, Inhalt und Preis. Der Band liefert aus dem Nachlass mehr als 200 unbekannte Seiten von Klopstock, einen beeindruckenden Textapparat, Rezeptionszeugnisse sowie einen äußerst umfangreichen Erläuterungsteil. Darin unterstützt Klaus Hurlebusch auf innovative Weise die modernistische Lesart. Aus den Verfahren der Textproduktion heraus entwickelt er ein Klopstock-Bild, das wenig mit der humanistischen Tradition der Gelehrtenrepubliken zu tun hat, dafür aber viel mit Hölderlin oder Nietzsche, Mallarmé, Valéry oder Heidegger.
Klopstock ist hier nicht der schrullige Sonderling mit Neigung zu esoterischen Formulierungen, sondern ein Experimentator, der sich in der Bewegung des Sprachmaterials selbst erfindet. Fragmentarität, sprachliche Verknappung und Vorläufigkeit werden zu seinen Ausdrucksformen. / Steffen Martus, SZ 14.3.03
FRIEDRICH GOTTLIEB KLOPSTOCK: Die deutsche Gelehrtenrepublik. Band 2: Text und Apparat. Hrsg. von Klaus Hurlebusch. Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2003. 1001 Seiten, 298 Euro.
Über Klopstock siehe auch: Rolf Vollmann, Die Zeit 12.3.03 – – – Die Rheinpfalz vom 14.3.03 – – – Dresdner Neueste Nachrichten 14.3.03 („Kein Kriege kann gerecht sein … Betüncht ihn, gleißt ihn; er wird nicht gerecht!“, schreibt er 1782. Auch das ist Klopstock!)
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