Schewtschenko an Gogol

Taras Schewtschenko 

(Taras Hryhorowytsch Schewtschenko, ukrainisch Тарас Григорович Шевченко, wiss. Transliteration Taras Hryhorovyč Ševčenko; * 25. Februarjul. / 9. März 1814greg. in Morynzi, Gouvernement Kiew, Russisches Kaiserreich; † 26. Februarjul. / 10. März1861greg. in Sankt Petersburg) 

Sehr viele der großen russischen Schriftsteller und Künstler stammen aus der Ukraine. Sind sie Ukrainer oder Russen? Beides. So wie Mozart Deutscher und Österreicher ist, der Prager Kafka deutscher, österreichischer und auch tschechischer Autor, Celan zu Rumänien, der Ukraine, Frankreich und der Sprache und Kultur nach zu Österreich-Ungarn und Deutschland „gehört“, so Achmatowa und Bulgakow, Babel und Gogol zu den beiden Ländern und Kulturen, Kafka, Celan und Babel obendrein zur jüdischen und damit womöglich israelischen Kultur.

Im heutigen Gedicht redet ein „Exilukrainer“ den anderen an. Taras Schewtschenko, der in ukrainischer Sprache dichtete (und dem der Zar die Sprache sowie Rückkehr in die Ukraine verbot) und als Nationalautor der Ukraine gilt, richtet sein Gedicht an Nikolai Gogol, der in russischer Sprache schrieb und in der russischen Literatur als Klassiker gilt. Obwohl die Fälle ziemlich unterschiedlich sind, weist das Gedicht auf gemeinsame Hintergründe und Vertrautheiten.

An Gogol

SCHWARM auf Schwarm entfliegen meine Lieder; 
Eins zerreißt mein Herz, das andre drückt es nieder, 
Leis beginnt ein drittes Tränen zu vergießen 
Tief im Herzen, wo Gott selbst sie nicht hört fließen.

Wer wird meine Lieder grüßen, 
Wem kann ich sie zeigen, 
Wer errät den Sinn der Worte? 
Alle, alle schweigen.
Sind ja taub, gebeugt in Ketten, 
Leben nur zum Scheine...
Ja, mein großer Freund und Bruder, 
Du lachst, doch ich weine.
Aber was erwächst dem Weinen? 
Dürres Gras, nichts Grünes...
Keine Freiheitssalven donnern 
In der Ukraine.
Keinen Sohn erschlägt ein Vater 
Mehr mit eigner Hand 
Für die Ehre, für die Freiheit, 
Fürs Ukrainerland.
Nein, er zieht sie auf, verkauft sie 
Stückweis dann dem Zaren.
Sieh, das ist der Witwe Scherflein, 
Damit muß sie zahlen 
An den Zaren und die Fremden, 
Die sich ihm vereinen.
Laß sie, Bruder. — Doch wir werden 
Lachen, werden weinen.

St. Petersburg, 30. Dezember 1844

Deutsch von Hans Rodenberg, aus: Taras Schewtschenko: Meine Lieder, meine Träume. Gedichte und Zeichnungen. Berlin: Verlag der Nation; Kiew: Verlag Dnipro, 1987, S. 132f

One Comment on “Schewtschenko an Gogol

  1. ГОГОЛЮ

    За думою дума роєм вилітає,
    Одна давить серце, друга роздирає,
    А третяя тихо, тихесенько плаче
    У самому серці, може, й Бог не бачить.
    Кому ж її покажу я,
    І хто тую мову
    Привітає, угадає
    Великеє слово?
    Всі оглухли — похилились
    В кайданах… байдуже…
    Ти смієшся, а я плачу,
    Великий мій друже.
    А що вродить з того плачу?
    Богилова, брате…
    Не заревуть в Україні
    Вольнії гармати.
    Не заріже батько сина,
    Своєї дитини,
    За честь, славу, за братерство,
    За волю Вкраїни.
    Не заріже — викохає
    Та й продасть в різницю
    Москалеві. Це б то, бачиш,
    Лепта удовиці
    Престолові- отечеству
    Та німоті плата.
    Нехай, брате. А ми будем
    Сміяться та плакать.

    Q: http://litopys.org.ua/shevchenko/shev132.htm

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