In meinem Dorf

Andrea Zanzotto 

(* 10. Oktober 1921 in Pieve di Soligo; † 18. Oktober 2011 in Conegliano) 

… werde ich euch so gut es geht und im Vertrauen ein sehr heiteres Gedicht vorlesen, das das Thema von Leopardis Quiete dopo la tempesta (Ruhe nach dem Sturm) aufgreift. Die Heiterkeit ist hier wie ein inneres Feuer, ich identifiziere mich sogar mit der Sonne und stelle mir vor, dass ich die Ursache des Widerscheins in den Fenstern bin; denn nach dem Gewitter tauche ich wieder auf, und die Heiterkeit entspringt dem kurzen Moment der Wiederversöhnung. Ich habe Leopardi nicht direkt imitiert, aber wenn man die Freude beschreiben will, die man empfindet, wenn nach dem Gewitter wieder die Sonne scheint, muss man sich unweigerlich mit dem langen Schatten Leopardis auseinandersetzen, der im Grunde ja auch kein Schatten, sondern ein leuchtendes Phantasma ist.

IN MEINEM DORF

Zierlich sind nunmehr die Träume 
die mich allesamt lieben 
mit ihnen bleibe ich in meinem Dorf, 
mich gelüstet nach Zucker; 
jenseits des Platzes und des roten Salbei 
findet der Regen Unterschlupf 
es ersterben die Geräusche 
auch der dumme Kummer 
der dich fürchten gelehrt hat 
diesen Alptraum-Tag 
und sein Schwarz einer harmlosen Schlange

Von meiner Rückkehr glitzern die Fenster 
Und die Äpfel bei mir zuhaus, 
die Anhöhen sind die ersten 
benetzten Ziele der Himmel, 
lauter Wasser aus Gold füllt den Eimer 
lauter Sand meinen Hof 
und mit den Anhöhen reimen sie sich

Von Tor zu Tor wird Liebe geschrieen 
in der süßen Verwüstung 
und die Sonne unsichtbar neigt sich 
über eine neue Seite des Sturms.

Deutsch von Karin Fleischanderl, aus: Andrea Zanzotto, Die Welt ist eine andere. Poetik. Holderbank: Engeler / Wien und Bozen: Folio, 2010, S. 117

NEL MIO PAESE

Leggeri ormai sono i sogni, 
da tutti amato 
con essi io sto nel mio paese, 
mi sento goloso di zucchero; 
al di là della piazza e della salvia rossa 
si ripara la pioggia 
si sciolgono i rumori 
ed il ridevole cordoglio 
per cui temesti con tanta fantasia 
questo errore del giorno 
e il suo nero d’innocuo serpente

Del mio ritorno scintillano i vetri 
ed i pomi di casa mia, 
le colline sono per prime 
al traguardo madido dei cieli, 
tutta l’acqua d’oro è nel secchio 
tutta la sabbia nel cortile 
e fanno rime con le colline

Di porta in porta si grida all’amore 
nella dolce devastazione 
e il sole limpido sta chino 
su un’altra pagina del vento.

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