Gerichte

Michał Sobol

GERICHTE

In jedem von uns fließen ein paar Tropfen schwarzes Blut, und das Gericht
spürt sie auf. In der Verhandlung gähnen wir heimlich, damit das Rasseln

der Kette die Geschworenen nicht vom Prozeß ablenkt, oder betrachten
stumm unsere hologrammartigen Spiegelbilder auf der Scheibe

aus Plexiglas. Die Gerichte durchleuchten alles für uns. Manch einer
merkt nicht einmal, wo die Grenze verläuft zwischen Gericht

und Friseursalon — gut möglich, daß es gar keine gibt.
In der Zelle wartet auf jeden von uns ein Handtuch und ein Stück Seife.

Aus dem Polnischen von Bernhard Hartmann, aus: Sinn und Form 5/2022, S. 590

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