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Yevgeniy Breyger wurde in Charkiw geboren und hat dort seine Kindheit verbracht. In seinem Gedichtband „Gestohlene Luft“ spricht er auch von den historischen Verbrechen, der Nazis, der Roten Armee, an der jüdischen und nichtjüdischen Zivilbevölkerung in der Ukraine, von intergenerationellem Trauma und heutiger Heuchelei. Hier das Auftaktgedicht seines Zyklus „Königreiche“. (Diese Einleitung übernommen von der Facebookseite des Verlags Kookbooks).
Yevgeniy Breyger veröffentlichte auf Facebook einen Kommentar zur Haltung Deutschlands zur Ukraine, der offenbar von mehreren Lesern als Hassrede gemeldet und gelöscht wurde, bei Androhung einer Sperre. (Oh, schon öfter habe ich unflätige Beschimpfungen und übelste Bedrohungen zum Beispiel antisemitischer Art „gemeldet“ und jedesmal die Antwort erhalten: „Dieser Beitrag verstößt nicht gegen unsere Gemeinschaftsstandards). Inzwischen hat die Tageszeitung Die Welt den Artikel veröffentlicht.
Königreich des Regens In der Nacht, als das Dorf sich bewaffnet, erfährt sie ihre Bestimmung, die großen Felsen zu beschießen. Am Flusslauf warten sie wie Augen. Entschieden, ruhig kriecht Stein über Stein – Von ihr weg? Wieder eine falsche Richtung, gröber als Sand, Pulver, das ihr nicht gehorcht. Diese trockene Ader, kann ich sie fassen? Felder – Felder. Wälder – Getier. Im Denken verschwimmt eine Erinnerung. Sie läuft in den Wind. Durch die innere Welt, entschlossen zum Fels, hört Schüsse. Geschichte schießt auf Geschichte, Hunde erschießen sich, Dorf schießt auf Stadt, Tiere schießen Pflanzen auf Mineralien. Flinten gleiten durch Hände. Substanzen beschießen ein weiches Gemisch aus Gummi und Erde – Vogelschwärme existieren als solche Geschosse, denkt sie, und verschwinden zwischen Himmel, zwischen Boden, in einer Brust. Weder Ankommen noch Verschwinden ist möglich, wenn du so stark liebst. Tritt hinaus, selbst der Fels hat gelernt zu verzeihen. Tritt über zu den Menschen, ihre Körper halten sich am Leben, indem sie wie Knospen aufgehen, wenn es warm wird. Jahrlang Frühling, wohin soll ich gehn? Aufgeben sei dir Gewinn. Vergiss, was du tust, folge einem Gesang. #StandWithUkraine
Hier das Gedicht, gelesen vom Autor
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