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Veröffentlicht am 16. Februar 2022 von lyrikzeitung
Diskussionen, auf Facebook? Das Problem ist uralt. Der alte Herr Brockes (Barthold Hinrich, 1680-1747) formulierte es so:
Diſputir-Kunſt. [Vorsicht: nicht Lang-s = ſ mit f verwechseln!] Willt du ruhig und beliebt, überall gelitten ſeyn: Diſputir mit keinem Menſchen, er ſey vornehm oder klein. Denn, du wirſt entweder ſiegen, Oder aber unten liegen. Letzters kann dir nicht gefallen; erſters thut dem andern weh, Mehr, als einer Urſach halber. Sein Verſtand ſoll von der Höh, Drauf er ſich geglaubt, herunter. Dieſes iſt ihm ärgerlich; Und er thuts mit Widerwillen. Aber, daß zugleich er dich Noch vernünftiger, als ſich, Halten und erkennen ſoll; ſind zween Schläg in einer Wunden, Die von ſeinem lieben Jch gar zu heftig ſind empfunden. Und er wird, ohn allen Zweifel, dich, nebſt deiner Wahrheit, haſſen. Soll er aber, ſonder Haß, ſich von dir beſiegen laſſen: Mußt du erſt ſein Herz gewinnen, und dazu beliebter Minen, Sanfter Töne, ſüſſer Wörter, holden Ausdrucks dich bedienen. Bey der Tonkunſt brauche ja eines freundlichen Geſichts, Und bemüh dich, deine Schlüſſe, wie mit Honig, zu verſüſſen. Sonſten richteſt du bey allen mit den ſtärkſten Schlüſſen nichts; Und dir wird aus deiner Klugheit nichts, als bittre Wermuth, ſprieſſen.
Aus: Irdisches Vergnügen in Gott. Sechster Theil, 1740 (Link)
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Barthold Hinrich Brockes
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