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Wer ist Walter Werner: DDR-Lyriker, Thüringer Heimatdichter, Natur-, Landschaftsdichter? Mag von allem etwas sein, aber da ist mehr. Adolf Endler, der einen Auswahlband bei Reclam Leipzig herausgab, attestierte „geradezu sprunghafte Qualitätssteigerung und immer wieder überraschende Neuansätze“ und stellte ihn in die Reihe der Mickel, Czechowski, Kirsch, Braun, Lorenc. (Und ich erinnere mich, dass Elke Erb ihrerseits von den „kindischen Anfängen unserer Generation“ sprach.) Zum 100. Geburtstag lese ich in Endlers und Gerhard Wolfs Auswahlbänden und in dem 1982 erschienenen Band „Der Baum wächst durchs Gebirge“ und entscheide mich für 2 Gedichte aus diesem.
Walter Werner
(* 22. Januar 1922 in Vachdorf; † 6. August 1995 in Untermaßfeld)
Entdeckung Der Baum wächst durchs Gebirge, Steine schüttelt er aus dem Haupt. Vögel sind in ihm untergegangen und Sterne, Gedichte und Gerüchte, Gesänge und Gehenkte. Sein Blatt das letzte Wort auf abgeschnürter Lippe. Im Schneelicht gitterscharf geschnitten sein Himmel und im Windfall unwiderstehlich die friedliche Welt.
Erfahrung zur Unzeit Dunkel wie der Regen flüstern und liegen die zweigeschlechtlich Hungrigen, die Doppelzüngigen, mit den silbensüßen Lippen der Souffleure, mit den verschenkten Kämpfen zwischen den Beinen. Zwei Körper wachsen zu einem Leib, der eine fliegt mit blinden Vögeln der andere schläft mit toten Mädchen.
Aus: Walter Werner: Der Baum wächst durchs Gebirge. Gedichte. Halle, Leipzig: Mitteldeutscher Verlag, 1982, S. 5 und 60.
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