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Robert Browning
(* 7. Mai 1812 im Londoner Stadtteil Camberwell; † 12. Dezember 1889 in Venedig)
RAFFAELS SONETTE aus „Noch ein Wort“ Raffael schuf ein Hundert von Sonetten, Schuf und schrieb sie ein in ein bestimmtes Buch mit seinem silberzarten Bleistift. Sonst hat er Madonnen nur gezeichnet: Für das Aug der Welt — jedoch das Eine Buch, für wen? du fragst? Dein Herz belehrt dich. Hat sie’s all ihr Leben lang geliebt, Schlief sie, diese Frau von den Sonetten, Starb sie, und es lag bei ihrem Kissen, Lag da an dem Platz von Raffaels Ruhm, Raffaels Wange, liebevoll und folgsam – Er, den alle Welt als Maler rühmte, Er, den ihre Liebe zum Dichter machte? Du und ich, wir läsen wohl noch lieber Dieses Buch (und fühlten seinen Herzschlag) Meinst du nicht? den Herzschlag Raffaels, Als zu staunen über die Madonnen Die von Sisto und die von Foligno, Und die als Vision Florenz besuchte, Und die mit den Lilien, aus dem Louvre, Die die ganze Welt mit uns bewundert. Doch wir werden dieses Buch nie lesen. Wie den Apfel seines Augs hat Guido Reni diesen Schatz geliebt, gehütet. Guido Reni starb, da schrie Bologna Und die Welt: „Jetzt soll er uns gehören!" Da war’s fort. So gehts mit seltnen Dingen.
Deutsch von Bernt von Heiseler, aus: Die Lyra des Orpheus. Lyrik der Völker in deutscher Nachdichtung. Hrsg. Felix Braun. München: Heyne, 1978, S. 669f
Raffael soll 100 Sonette für seine Frau geschrieben haben, von denen nur 3 erhalten sind. Das Manuskript der Sonette soll in die Hände des Malers Guido Reni gekommen sein, und nach seinem Tod verschollen.
One Word More II Rafael made a century of sonnets, Made and wrote them in a certain volume Dinted with the silver-pointed pencil Else he only used to draw Madonnas: These, the world might view—-but one, the volume. Who that one, you ask? Your heart instructs you. Did she live and love it all her life-time? Did she drop, his lady of the sonnets, Die, and let it drop beside her pillow Where it lay in place of Rafael’s glory, Rafael’s cheek so duteous and so loving Cheek, the world was wont to hail a painter’s, Rafael’s cheek, her love had turned a poet’s?
III You and I would rather read that volume, (Taken to his beating bosom by it) Lean and list the bosom-beats of Rafael, Would we not? than wonder at Madonnas Her, San Sisto names, and Her, Foligno, Her, that visits Florence in a vision, Her, that’s left with lilies in the Louvre3 Seen by us and all the world in circle.
IV You and I will never read that volume. Guido Reni, like his own eye's apple Guarded long the treasure-book and loved it. Guido Reni dying, all Bologna Cried, and the world cried too, “Ours, the treasure!" Suddenly, as rare things will, it vanished.
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