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war die Frau des Greifswalder Bürgermeisters Christian Schwarz oder auch Schwartz hochschwanger. Man schrieb den 14. Februar 1621, aber nur in Rom, Köln oder Berlin, wo bereits seit vielen Jahren der gregorianische Kalender galt. Anderswo, in London, Stockholm oder Greifswald, wo man den neumodisch-papistischen Kalender nicht mitgemacht hatte, schrieb man nach dem guten alten julianischen Kalender erst den 4. Februar.
Da es sich kompliziert anhört, hier eine vereinfachte Tabelle:
Heute | Sonntag, 14. Februar 2021 |
Vor 400 Jahren | Sonntag, 14. Februar 1621 greg. / 4. Febr. jul. |
(In Klammern lesen nur ganz Hartgesottene weiter! Vereinfacht ist diese Tabelle deshalb, weil das julianische Jahr länger war als das gregorianische – so sehr, dass er in 100 Jahren um einen ganzen Tag weiter war. Heute vor 400 julianischen Jahren war Mittwoch, der 10. greg. / 1. jul. Verwirrung komplett?)
Also noch einmal, heute vor 400 Jahren war Regina Schwarz, geb. Völschow, hochschwanger, der Hausarzt sagte eine Geburt in etwa zwei Wochen voraus. Wir Heutigen aber, wir erklären das ganze 400. Jahr zum Jubeljahr.. In Greifswald wird man das ganze Jahr hindurch feiern, und vielleicht nicht nur hier. Vor vier Wochen erschien der erste Band einer zweibändigen kritischen Werkausgabe, heute gedenken wir der Jubilarin erneut. Dirk Uwe Hansen, der zusammen mit Berit Glanz eine Anthologie mit dem schönen Titel „… und bey den Liechten Sternen stehen. Gedichte zu Sibylla Schwarz‘ 400. Geburtstag“ herausgibt (sie erscheint im Mai bei Reinecke & Voß), war so freundlich, mir schon einmal eine Kostprobe zu geben.
Lara Rüter
will in den wald und mit dianen jagen
übern brüsten fell von feinden tragen, gras am boden
bürstet den bogen. diana chillt im pool, verhext den spiegel.
ihre nymphe sein, cool. ich bin nur ich. mir fehlt der rand
an meiner hemmungslosen weiblichkeit, doch wie viele
brüste stützen mich. wie nackt das eigne auge blickt
auf einen embryo, der hinterm nabel zwickt. auf fretow’s rosen
toll, aus ihrem rot entrollt sich das theaterstück. krieg. trolle.
göttinnen und mama, die weint um mich. ist lieben keusch? —
wie sterben. zurück, wohin ich flieh. nicht zum friedhof
wo ich brav sein wollte zu soldaten. in leisem glück ein netzlein
stricken, ehekeusch. oh, love, no. lacht mir ins maul, diana
dabei will ich doch auf schlangen schlafen, basilisken reiten, ja
faul und matt in den wald geworfen. bin bäume, bogen, fell.
bin hirsch, bin hund, bin wind, bin zahn, bin blind, bin spannerin
bin meine beute, jägerin, bin wind, bin wind, bin wind, bin wind
zu Sibylla Schwarz’ 400. Geburtstag
Mit Dank an Lara Rüter und die Herausgeber.
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