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Veröffentlicht am 4. Juli 2019 von lyrikzeitung
Karl Woermann
(* 4. Juli 1844 in Hamburg; † 4. Februar 1933 in Dresden)
Aus: Ruisdael
Teil IV:
1882.
Ein Bild von Ruisdael! „Fünfzehntausend Mark!“
Wer bietet mehr? „“Ich biete zwanzigtausend.
Es ist ein Prachtbild, Eichen, hoch und stark,
Beschatten einen Bergstrom, wild und brausend.““
„Was zwanzigtausend! Seht des Himmels Zelt,
Hier hellblau, hier von Wolken grau umwittert.
Seht, wie in diesem Stück begrenzter Welt
Des großen Weltgeists ew’ger Odem zittert.“
Wer bietet mehr? Die Kenner rings im Kreis,
Mit glühnden Blicken sitzen sie und bieten.
Jetzt: „Fünfzigtausend!“ Dieses ist der Preis
Fürs Bild des armen toten Mennoniten.
Der Händler lächelt: „Wer hat die Natur
Wie er gesehn, wie er gemalt den Norden?
Hätt‘ ich die Hälfte seiner Bilder nur,
Ich wäre lange Millionär geworden.“
Die Hälfte nur! Mit allen, ach, erwarb
Er selbst nicht einmal seines Grabes Klause;
Die zahlten milde Seelen. Der er starb,
Ach! Jakob Ruisdael starb im Armenhause.
Aus: Barthel, G. Emil (Hrsg.): Neuer poetischer Hausschatz. Hochdeutsche Gedichte aus der Zeit vom Beginne der Romantik bis auf unsere Tage in systematisch geordneter Auswahl aus den Quellen. Halle a. d. S.: Hendel Verlag, o.J. [1896], S. 1051
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Karl Woermann
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