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Veröffentlicht am 12. Juni 2015 von lyrikzeitung
Arno Widmann vergleicht zwei Gedichte aus dem aktuellen Jahrbuch der Lyrik – von Anne Dorm (geb. 1925) und Jason Bartsch (1994) – und konstatiert erfreulicherweise:
Wir wollen nicht so tun, als gebe die unterschiedliche Schreibart zweier Autoren Auskunft über generationenspezifische Eigenheiten. Dazu brauchte man mehr Belege, einen meine Kenntnisse bei weitem übersteigenden Überblick. Christoph Buchwald wird ihn haben. Schließlich gibt er seit 1979 das Jahrbuch der Lyrik heraus. Er schreibt: „1979 glaubte ich schon (oder noch) zu wissen, was ein gelungenes Gedicht ausmacht. Im ersten Jahrbuch sind Gedichte zu finden, bei deren Lektüre mir heute die Schamesröte in den Kopf steigt. Inzwischen bin ich gut 187.500 Gedichte weiter, und das führt unvermeidlich zu einigen normativen Ablagerungen im Lyrikhirn. Dennoch wird die Beurteilungssicherheit nicht größer, vor allem nicht bei den Gedichten, die nicht gut und nicht schlecht sind.“
Auch das sind schöne Beobachtungen über das Altwerden und die ambivalente Rolle von Erfahrung. Ich mag auch den Hinweis darauf, dass die wahre Meisterschaft des ästhetischen Urteils sich nicht bei der Wahrnehmung einer außergewöhnlichen Qualität zeigt, sondern bei der Fähigkeit, Unterschiede im Grauingrau zu erkennen.
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Anne Dorn, Arno Widmann, Christoph Buchwald, Jason Bartsch
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