Henninger Turm

Aber auch die wandelnde Topographie der Stadt wird zum Gegenstand der um Frankfurt am Main zentrierten Gedichte – etwa die drei Gedichte zu dem Henninger Turm in Sachsenhausen. Das circa 120 Meter hohe Getreidesilo war 1961 bei seiner Einweihung wohl das höchste Gebäude der Stadt; 2013 wird das Baudenkmal abgerissen.

Ähnlich wie die Gedichte zu dem gesprengten AfE-Turms des ebenfalls in Frankfurt am Main ansässigen Lyrikers Martin Piekar, dominiert hier ein Ton liebkosender Monumentalität: »abstrus wie sehr es dich / immer noch gibt wie viel ich mir / eingeprägt habe von dir gespiegeltem // in mir aufgehobenem ding aus luft. // schlummersilo. // […] // wie viel verspreche ich mir von diesem / leeren inneren bild […]« (Roloff: henninger turm 1).

Die geschichtliche Tiefe Roloffs beginnt nicht mit Karl dem Großen, sondern mit seinem Aufenthalt in der Stadt. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes nur seine Stadt, als ob sie nur in der Spanne seiner Erinnerung präsent und existent wäre, ein Ort ständiger Häutung und Wandlung mit ungeheuerlicher, unermüdlicher Energie:

»der horizont ist vage belegt wie / eine zunge die mit sich selber spricht / unter frankfurts zerschnittenem wolkenhimmel // ausgedampfte spur eines lichts das hinter die / zentralbank fällt hinter mein sofa aus den / augen raus und lange schatten wirft wer da- // steht wie ein abgerissener turm rotierende / henninger sturmhaube das flirren der / presslufthämmer sediert mich mein sommer // liegt eingeschlossen & / aus-« (Roloff: ›der horizont ist vage‹) / Paul-Henri Campbell, Fixpoetry

Marcus Roloff
reinzeichnung
Wunderhorn
2015 · 80 Seiten · 17,80 Euro
ISBN: 978-3-88423-501-0

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..