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90 Prozent der Texte seien eigens für dieses Ereignis geschrieben worden, sagt Festivaldirektor Thomas Wohlfahrt. Das aber ist hoffentlich Unsinn, denn gute Lyrik wird nicht für Festivals geschrieben, sondern entsteht, weil sie entstehen muss.
schreibt Jörg Magenau in der Süddeutschen Zeitung über die Eröffnung des poesiefestivals berlin. Und wir vermuten, daß seine Meinung über „gute Lyrik“ ebenfalls Unsinn ist. Zwei Auszüge aus seinem Artikel:
Böhmer lässt in seinen an der amerikanischen Beat-Poetry orientierten Großgedichten eine ganze Welt entstehen, eine Welt, die im hessischen Örtchen Ofleiden ihren Anfang nimmt und von hier aus immer mächtigere Jahresringe ansetzt. Alles ist Sprache und nur als Sprache möglich: „Adam erinnerte sich an Evas Schultern, an die sanfte gespannte Haut / ihrer Schultern, alles vor der Verderbnis, als die Wörter / noch aus Erde waren, also alles“. Wer möchte da nicht zurück ins sprachgeschaffene Paradies?
Besser lässt sich ein Lyrikfestival nicht eröffnen als mit solch wortverschwenderischer Dichtung. Mit Böhmer ging das von der Berliner Literaturwerkstatt organisierte Poesiefestival in seine 15. Auflage. (…)
Ko Un schrie und sang und flüsterte, er winselte, bog sich und heulte tatsächlich wie ein Wolf, als fände da eine Dämonenbeschwörung statt. Die Elemente brausten unmittelbar durch ihn hindurch. Der Dichter als Medium, als Schamane, schien mit anderen, unsichtbaren Welten Kontakt aufzunehmen. Das Publikum nahm es staunend und ergriffen zur Kenntnis: „Unter dem Himmel mit seinen vereinzelten Wolken / hier und da und dort: Narren.“
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