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Veröffentlicht am 7. August 2022 von lyrikzeitung
Manuel Altolaguirre
(* 29. Juni 1905 in Málaga; † 26. Juli 1959 in Burgos)
Abenddämmerung Komm, ich will mich ausziehen! Schon ist das Licht weg, und ich habe diese Kleider satt. Nimm mir das Gewand! Damit sie glauben, ich sei gestorben, denn nackt ruhe ich die ganze Nacht, während sie meinen Schlaf bewachen; denn morgen früh, meiner Nacktheit entkleidet, gehe ich baden in einen Fluß, während sie mein Gewand mit anderm Gewand für immer verwahren. Komm, Tod, ich bin ein Kind und will, daß sie mich ausziehen, das Licht ist weg, und ich habe diese Kleider satt.
Aus: Poetas españoles. La generación del 27. Spanische Dichter. Die Generation von 1927. Hrsg. u. übersetzt von Erna Brandenberger. München: dtv, 1980 (dtv zweisprachig), S. 119ff
Crepúsculo ¡Ven, que quiero desnudarme! Ya se fue la luz, y tengo cansancio de estos vestidos. ¡Quítame el traje! Que crean que he muerto, porque, desnuda, mientras me velan el sueño, descanso toda la noche; porque mañana temprano, desnuda de mi desnudo, iré a bañarme en un río, mientras mi traje con traje lo guardarán para siempre. Ven, muerte, que soy un niño, y quiero que me desnuden, que se fue la luz y tengo cansancio de estos vestidos.
Kategorie: Spanien, SpanischSchlagworte: Erna Brandenberger, Manuel Altolaguirre
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Sagte die Seele »soy una niña / ich bin ein Mädchen«, wäre das sprachgesetzlich aber auch merkwürdig und würde wohl kaum den erwünschten Sinn transportieren.
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Dies als Antwort Zu Àxel Sanjosés Kommentar.
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So oder so bleibt die F/M-Spannung. Später hat Altolaguirre auch Versionen veröffentlicht, die durchgehend im Maskulinum stehen, da spricht also ein (grammatikalisch) männliches ich, der Titel wechselte dann zu »Crepúsculo«. Ob es überhaupt eine Mischversion wie die hier veröffentlichte (Titel »Crepúsculo«, aber »desnuda«) in einer spanischen Publikation gegeben hat (diese stammt ja aus dem zweisprachigen dtv-Band), weiß ich gar nicht; wäre interessant zu wissen bzw. editionsgeschichtlich zu verfolgen.
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Demnach wäre der »crepúsculo« personifiziert mit der sich dem Tode zuneigenden »alma« zu identifizieren?
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Ich lese es eher so: »Canción del alma« bezeichnet die Stimme, die spricht, »Crepúsculo« die Situation. Bei Ersterem passt nur ein weibliches lyrisches Ich (als Seele). Bei Letzterem ist es zwar im Prinzip egal, nur fällt dann ein weibliches Ich bei männlichem Autor eben aus dem gewohntnen Erwartungsraster (dies wird sich vermutlich mehr und mehr ändern)
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Ja, genauso hatte ich es ursprünglich auch gedacht, die Dämmerung als Metapher für die Situation des lyrischen Ichs. Ein wunderbares Gedicht ist das, gleich aus welcher Sicht.
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Weiß nicht, ob es jemand aufgefallen ist: Das lyrische Ich ist in diesem Gedicht weiblich, was aus der Übersetzung nicht hervorgeht. Im Spanischen heißt es in Z. 5ff.: » […] porque desnuda, / mientras me velan el sueño, / paso la noche«, und in Z. 9.: »desnuda de mi desnudo«. Ist allerdings weniger verblüffend, wenn man bedenkt, dass das Gedicht in der ersten Druckfassung (und auch später) »Canción del alma« als Titel trug, also »Lied der Seele«, und die Seele, die hier also spricht, im Spanischen ebenfalls feminines Genus hat. Einen hochberühmten Vorläufer gibt es für diese Konstellation: »Noche oscura« von San Juan de la Cruz (Johannes vom Kreuz; 1542–1591). Interessant bleibt, dass sich das Genus einzig im Wort »nackt« manifestiert, während in Z. 13 beim Ausdruck »soy un niño« ich bin ein Kind) das generische Maskulinum zum Einsatz kommt.
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Sagte die Seele »soy una niña / ich bin ein Mädchen«, wäre das sprachgesetzlich aber auch merkwürdig und würde wohl kaum den erwünschten Sinn transportieren.
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