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Veröffentlicht am 27. November 2021 von lyrikzeitung
Heute vor 80 Jahren, am 27. November 1941 werden mit dem „7. Osttransport“ vom Bahnhof Berlin-Grunewald mehr als tausend Juden nach Riga deportiert, darunter auch die Dichterin Ite Liebenthal. Sie werden drei Tage später im Wald von Rumbula bei Riga ermordet.
Ite Liebenthal
(eigentlich Ida Liebenthal; geboren am 15. Januar 1886 in Berlin; ermordet am 30. November 1941 im Wald von Rumbula bei Riga)
Bald wird mein junges Herz ein alt Gesicht im Spiegel sehn und wird es nicht begreifen, daß wenig schnelle Jahre schon die Schicht des weichen Schmelzes von den Zügen streifen. Noch blühte nicht die Eine Liebe ab, die ihre Äste weit in mir verzweigte. Die unbemerkte Zeit entwich. Ich gab nicht acht darauf, daß sich die Sonne neigte. Und also ist nun sanfter Niedergang, was Aufgang schien, und alles liegt dazwischen? 0 junges Herz! ein Blütenüberschwang, um Morgenduft in Abendtraum zu mischen.
Aus: Ite Liebenthal. Versensporn 10. Jena: Edition Poesie tut gut, 2013, S. 12. Das Gedicht erschien in dem Band Gedichte, Jena: Lichtenstein, 1921.
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Ite Liebenthal
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