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Ágnes Nemes Nagy
(* 3. Januar 1922 in Budapest; † 23. August 1991 ebenda)
Dennoch schauen Und dennoch schauen, schauen, sagte wer, sobald der Rauchvorhang es zuläßt, in der spaltgroßen Pause in diesem Augenblick zwischen dem Rauch, der Säure, dem Ammoniak, den Angriffen, schauen, weißt du, wie einen Tisch die Form auflösend gleichzeitig schaun als Platte und Profil Und tun, weißt du, tun, tun, ich tue unablässig mein Körper macht Geschichte, macht Biologie und reflektieren, weißt du, mir ist mein Kopf so merkwürdig, so unvollendbar die Kugelform, ich weiß gar nicht, warum ich sie so mag, Augapfel, Schädel, Erdkugel, derlei begrenzt Unendliches doch diese sind zerrissene Kugeln, Kokosnüsse, mit dem zerschlagnen Faserhaar der Sterblichkeit rings eingefaßt Und schaun, von oben, unten, aus allerlei Winkeln umtasten das Objekt mit etlichen Augen mit ihnen die Kontur heraushaun, schlämmen, niederreißen dieweil sie öffnen schließen öffnen sich in ungleichmäßigen Wellenschlägen und auch heraus aus den Objekten selbst die langsam vielen Blicke der Höhlungen gewaltige Blicke unwahrnehmbar in reglosen Seen und Steinen herauspfeilend als splittrige Lichtzeichen Wiewohl nichts, sagte wer, helfen diese verstreuten hunderttausend Augen wiewohl nichts hilft der Biosphäre mich umrauschendes Palmwimpern-Aug, spröde Äste der Zedern, Fächer Laubs einiger Jahreszeiten Kratzer Himmel Sonne um mich ab und auf schauen obwohls nicht hilft und dennoch schauen Schaun, weißt du, schaun wie eine, sagte wer, Narbe am Baum schaut.
Ágnes Nemes Nagy: Dennoch schauen. Gedichte. Nachgedichtet von Franz Fühmann. Leipzig: Insel, 1986 (IB 1068), S. 62f
Hier die Originalversion des Gedichts:
https://www.babelmatrix.org/works/hu/Nemes_Nagy_%C3%81gnes-1922/De_n%C3%A9zni
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