200. Todestag

Schon wieder ein klassischer Todestag, und ein runder dazu. Heute vor 200 Jahren starb George Byron. Ich weiß nicht, ob es eine aktuelle deutsche Werkausgabe des englischen Dichters gibt. Ich besitze nur verschiedene Ausgaben aus dem 19. Jahrhundert. In einer fand ich diese launige und zugleich bissige Literaturkritik in Versen: 7 Werke der zeitgenössischen Literatur um 1816, „besprochen“ in 12 Wörtern.

Versicles

I read the “Christabel;”
Very well:
I read the “Missionary;”
Pretty – very;
I tried at “Ilderim;”
Ahem!
I read a sheet of Marg’ret of Anjou;”
Can you?;
I turned a page of Webster’s “Waterloo;”
Pooh! Pooh!
I looked at Wordsworth’s milk-white “Rylstone Doe;”
Hillo!
I read “Glenarvon,” too, by Caro Lamb;
God damn!

Das Gedicht entstand am 25. März 1817. Erstmals gedruckt wurde es 1830. Die „besprochenen“ Werke sind:

  1.  Christabel, etc., by S. T. Coleridge, 1816.
  2.  The Missionary of the Andes, a Poem, by W. L. Bowles, 1815.
  3.  H. Gally Knight’s Ilderim
  4.  Margaret Holford’s Margaret
  5.  Waterloo and other Poems, by J. Wedderburn Webster, 1816.
  6.  The White Doe of Rylstone, or the Fate of the Nortons, a Poem, by W. Wordsworth, 1815.
  7.  Glenarvon, a Novel [by Lady Caroline Lamb], 1816.

Zwei von den sieben Werken werden gelobt, der Rest ist schlecht, langweilig oder schrecklich. Der Knackpunkt des Gedichts ist das siebte Werk, der Roman Glenarvon von Lady Caro (Caroline) Lamb. Auf Lamb reimt Goddam. Caro Lamb schrieb das Buch nach dem Ende ihrer Affäre mit Byron – Glenarvon soll ein Porträt Byrons sein. Offensichtlich fand er es nicht gut getroffen. Hier die deutsche Version von 1856.

Lektüre bei einem Fieber. 

Ich las den "Christabel" –
Amüsabel!
Ich las auch alsdann den "Missionär,"
Nicht ganz vulgär!
Ich versuchte zu lesen den "Iilderim,"
Sehr schlimm!
Dann las ich in "Margarete von Anjou,"
Kannst Du?
Ich blickt' in "Scott's Briefe von Waterloo,"
So, so!
Ich las auch in Wordsworths Reimerei,"
Ei, Ei!

Aus dem Englischen von Franz Kottenkamp, aus: Lord Byron’s sämmtliche Werke. Ins Deutsche übersetzt von Mehreren. In 12 Theilen mit 11 Stahlstichen. Dritte, gänzlich umgearbeitete, verbesserte und vervollständigte Auflage. Vierter Teil. Stuttgart: Rieger, 1856 , S. 270

Wie man sieht, übersetzt Kottenkamp eine zensierte Fassung (die sich auch im Original im WWW findet), sie endet dort nach „Hillo“ in der drittletzten Zeile mit „&c. &c. &c.“ Die doppelte Affäre mit Lady Lamb und ihrem Buch wurde offenbar aus „Rücksichten“ auf lebende Personen (oder einfach auf Klatsch) weggelassen.

Aus der Ausgabe von 1856

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