Das Archiv der Lyriknachrichten | Seit 2001 | News that stays news
Vor ein paar Jahren ging ich in Tel Aviv in eine Buchhandlung. Ich hatte begonnen, Hebräisch zu lernen, aber zum Bücherlesen reichte es noch lange nicht. Ich fragte mich zur Gedichtecke durch, klein wie in deutschen Buchhandlungen, nahm ein paar Bücher in die Hand und kaufte „blind“ ein Büchlein. Hauptsächlich wollte ich mit eigenen Augen sehen, wovon ich gelesen hatte: dass die Punktierung, mit der in der fast vokallosen hebräischen Schrift die Vokale angedeutet werden, im Alltag nicht verwendet wird, nur in der Bibel und in Gedichtbänden. (Es stimmt, siehe im Faksimile unten).
Zu Hause las ich ein wenig mit Wörterbuch, es war eine mir unbekannte Autorin „Chana Senesch“. Sie wurde als Anikó Szenes in Budapest geboren und wanderte nach Schulabschluß nach dem britischen Mandatsgebiet Palästina aus, wo sie sich einem Kibbuz anschloss. Sie starb als (britische) Partisanin bei einem Einsatz in Ungarn. 1950 wurden ihre sterblichen Überreste nach Jerusalem überführt.
Hannah Senesch
(חנה סנש)
(Hannah Szenes, Senesh, geboren am 17. Juli 1921 in Budapest; hingerichtet am 7. November 1944 ebenda)
Am 13. März 1944 sprangen 32 Palästina-jüdische Mitglieder der britischen Armee, unter ihnen als einzige Frau Hannah Senesh, mit dem Fallschirm über Jugoslawien ab. Sie waren von Brindisi, Italien, aus gestartet und hatten den Auftrag, alliierte Piloten zu befreien, die hinter den feindlichen Linien abgeschossen worden waren. Erst nach Erledigung dieser Mission durften sie sich ihrem eigentlichen Ziel widmen: Vom Untergrund aus wollten sie jüdische Menschen retten. Mehr als eine Million, so vermutete man, lebten noch in Rumänien, Ungarn und der Tschechoslowakei.
Kurz nach Überquerung der ungarischen Grenze wurde Hannah Senesh von den Deutschen gefaßt und zu Verhören nach Budapest überführt. Sie wurde grausam gefoltert, verriet aber auch dann nichts, als man ihr drohte, vor ihren Augen ihre Mutter zu foltern und zu töten. Ihre Festigkeit hat vermutlich der Mutter das Leben gerettet; hätte Hannah nachgegeben, hätten die Deutschen sie unweigerlich sofort exekutiert und ihre Mutter nach Auschwitz deportiert.
Ende Oktober kommt Hannah vor ein Militärgericht; am 7. November wird sie hingerichtet. / Aus: FemBio
Hier ein Gedicht in der Übersetzung von Wolf Biermann:
Der Span sei gepriesen da er verbraucht ward die Flamme zu entzünden Gepriesen sei die Flamme die sich verzehrt im heimlichen Schlag dem heftigen des Herzens Das Herz sei gepriesen das stark genug war, stille zu stehn um der Ehre willen Gepriesen sei der Span da er verbraucht ward die Flamme zu entzünden
Eine andere, wörtlichere Übersetzung findet sich im Wikipediaartikel über die Dichterin:
Gesegnet das Streichholz, das sich verbraucht, indem es die Flamme entzündet.
Gesegnet die Flamme, die immer brennt in den innersten Winkeln des Herzens.
Gesegnet das Herz, das Würde bewahrt auch in seiner letzten Stunde.
Gesegnet das Streichholz, das sich verbraucht, indem es die Flamme entzündet.
Und eine englische Version von der Website der Hannah Senesh Legacy Foundation:
Blessed Is The Match
(Serdice Yugoslavia May 1944)
Blessed is the match consumed
in kindling flame.
Blessed is the flame that burns
in the secret fastness of the hurts.
Blessed is the heart with strength to stop
its beating for honor’s sake.
Blessed is the match consumed
in kindling flame.
Neueste Kommentare