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Veröffentlicht am 17. April 2018 von lyrikzeitung
Die Dichterin Shunzei no musume (1171? – 1254) war eine Zeitgenossin Walter von der Vogelweides. Anders als der Deutsche konnte sie auf eine jahrhundertalte Tradition zurückgreifen. Kaiser Gotoba erkannte ihren literarischen Rang und nahm sie in seinen Dichterkreis auf. Mit diesem Gedicht gewann sie einen Dichterwettstreit im Jahr 1202:
Gedicht über die Liebe im Frühling, abgefaßt für den Wettstreit der fünfzehn Gedichte über die Liebe, der in Minase stattfand
Der Mond, der mir einst
leis dein Gesicht gezeigt, ruht
nun in den Tränen
auf meinem Ärmel, Tränen
eines vergangenen Frühlings.
Für ihre Leser / Zuhörer war buchstäblich jedes Wort als Zitat erkennbar. Wichtigste Anspielung ist wohl der Mond – bei dieser Stelle dachte man an ein berühmtes Gedicht von Ariwara no Narihira (825-880):
Das ist nicht der Mond,
und dieser Frühling auch der
alte Frühling nicht,
ich, ganz allein nur ich, bin
der noch, der ich früher war.
Aus: Sechsunddreißig Dichterinnen des Alten Japan. Höfische Dichtkunst der Heian- und Kamakura-Perode. 9. bis 13. Jahrhundert. Köln: DuMont Buchverlag. In Zusammenarbeit mit der New York Public Library, 1992 (4R)
Kategorie: Japan, JapanischSchlagworte: Ariwara no Narihira, L&Poe-Anthologie, Shunzei no musume
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