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Veröffentlicht am 9. Juli 2015 von lyrikzeitung
„Alles ist Oberfläche.“
Diesen Satz hielt mir vor kurzem ein Schriftsteller entgegen, als ich eine Aussage von ihm kritisiert hatte und in meinem Kommentar das Bild der Tiefe im Zusammenhang mit poetischer Sprache gebraucht hatte (“Lyrik ist ein Mittel der Verflachung entgegenzuwirken, indem sie verweilt und Bohrungen vornimmt, Dimensionen erkundet, andere Chemie wahrnimmt.”).
Er benötigte den Oberflächensatz, um mir zeigen zu können, daß es Tiefe in der Lyrik nicht gibt. Eigentlich aber, um mich zum alten Knacker zu machen, weil „Tiefe“ etwas von vorgestern ist und die Postmoderne das als überwunden ansieht. Sie wiegt sich im „Hervortreten einer neuen Flachheit und Seichtheit, einer neuen Oberflächlichkeit im wortwörtlichen Sinne, die das vielleicht auffälligste formale Charakteristikum aller Spielarten der Postmoderne ist.“ (Frederic Jameson: Postmoderne, 1986, S. 54). / Frank Milautzcki, Fixpoetry
Kategorie: DeutschlandSchlagworte: Frank Milautzcki, Frederic Jameson, postmoderne
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es liegt mir also fern, irgendjemanden zu alten knacker zu machen. die vorstellung von tiefe ist eher ein pubertätsphänomen.
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kant im ürbrigen benutzt das adjektiv „tief“ im zusammenhang mit deutlichkeit.“Die ausgebreitete Deutlichkeit aber ist unterhaltend und Dichter cultiviren sie stark. Die tiefe Deutlichkeit aber ist keine Sache der Dichtkust, sondern der Philosophie.“
kant dieser postmoderne schlingel.
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aber lyrik („dichtkunst“) und philosophie schließen sich doch nicht aus?
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kant macht da schon eine trennung. philosophie im engeren sinn ist arbeit am begriff. das macht lyrik nicht, was nicht heißt, dass lyrik und philosophie nicht zuweilen voneinander profitieren.
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lyrik ist arbeit im wort
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was wollt ihr nur immer mit der postmoderne? f jameson, der im übrigen marxist ist, lehnt eine romantische vorstellung von tiefe genau so ab, wie kant oder der strukturalismus. tiefe ist projektion, zuweilen ein selbstlob des sentimentalen betrachters.
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schmunzel. spannende these. aber impliziert nicht allein das wort „oberfläche“ schon, dass es etwas darunter geben muss? ja, vielleicht „hat“ alles eine oberfläche, aber nicht alles „ist“ oberfläche. und gerade lyrik lebt vom darunter. postmoderne hin, postmoderne her. immerhin steckt ja auch etwas hinter oder unter! der oberflächentheorie. oder? 🙂
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