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Ich zitiere aus Michael Brauns Zeitschriftenlese:
Der scharfsinnigste und unversöhnlichste Beitrag in „Text+Kritik“ stammt indes von dem Dichter Gerhard Falkner, der in sehr undiplomatischer Weise die „Infantilisierung“ und den „Vampirismus“ in Kunst und Literatur attackiert. Nach einer überaus schroffen Einleitung zur Anschmiegsamkeit, mit der sich gestandene Künstler und Dichter von einschlägigen Förderinstitutionen durchfüttern lassen, benennt Falkner zwei elementare Merkmale der nach seiner Ansicht substantiell geschwächten Literaturproduktion. Da ist zum einen „das Versiegen des inneren Monologs“, der einst die Kraftquelle der schöpferischen Phantasie war. Als Ursache für diesen Verlust sieht Falkner die Dominanz des Internets und die Herrschaft der „superkurzen Einsatz- und Bereitschaftssprachen“. Das Subjekt, so Falkner, wird heute in einem ständigen Stand by-Modus gehalten, es wartet ununterbrochen auf Nachricht. Der Mensch existiert auf Abruf und ist keine Minute mehr bei sich selbst. Sein geschrumpfter Lebensraum ist der „mediale Vollkontakt“, er bewegt sich im öffentlichen Raum durch eine riesige „Kommunikationstoilette“. Da sich das Subjekt im dauernden Alarmzustand befinde, vollziehe sich eine pausenlose „Ich-Entleerung“ – und der innere Monolog werde stillgelegt. Das Versiegen des inneren Monologs wird nach Ansicht des Polemikers Falkner flankiert durch eine markante „Insuffizienz“ der Literaturkritik, die sich mit der „Selbstherrlichkeit von Sultanen“ gegenüber Gedichten oder Romanen aufspreize. Am Beispiel einer Kritik seines Gedichtbands „Pergamon Poems“ moniert Falkner die Verkürzung des kritischen Vermögens auf „die Plakativität eines Weinflaschenetiketts“. In einer Nebenbemerkung verweist Falkner spöttisch auf die Eilfertigkeit, mit der speziell jüngere Dichter „mit DDR-Hintergrund“ um Stipendien buhlen.
Naja, vielleicht wäre scharfzüngig das treffendere Adjektiv gewesen?
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