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Die amerikanische Lyrikerin Susan Howe ist seit September zu Gast in der American Academy in Berlin. Drei Ausschnitte aus einem Interview mit kultiversum:
Über Emily Dickinson:
Sie hat mir den Weg gewiesen. Ihr Werk hat mein Interesse an literarischen und historischen Dokumenten der frühen Geschichte der Vereinigten Staaten geweckt, denn ich hatte immer das Gefühl, dass ich verstehen muss, woher ihre Stimme, ihr Klang und die Intensität ihrer Gedichte kommen. Die Faszination für historische Dokumente führte für mich zu der Frage nach der Beziehung zwischen Bildender Kunst und Dichtung – ich habe ja ursprünglich Bildende Kunst studiert. Und ich fragte mich, ob man die wunderschönen handschriftlichen Fragmente, die Dickinson hinterlassen hat, nicht auch als Bildende Kunst betrachten könnte – ich denke schon.
Über ihre Zusammenarbeit mit dem Musiker David Grubbs:
Die Pariser „Fondation Cartier“, eine Stiftung, die zeitgenössische Kunst fördert, hat uns zusammengebracht. Ich glaube, der Grund, dass die Zusammenarbeit auf Anhieb so gut funktioniert hat, liegt in unserer gemeinsamen Verwurzelung in einer musikalischen Tradition, die dominiert ist von John Cage und Charles Ives. John Cage spielt für uns beide eine große Rolle, weil er in seinem Werk Bildende Kunst, Dichtung und Musik vereinigte. Außerdem verbindet David und mich das Interesse an der Collage und am Zitieren. Die Zusammenarbeit mit ihm hat meine Art, Gedichte zu schreiben, verändert. Es ist tatsächlich so: wenn wir „Souls of the Labadie Tract“ performen, dann bekomme ich manchmal das verrückte Gefühl, dass durch den Zusammenklang von Wort und Musik eine telepathische Verbindung zu dieser längst vom Erdboden verschwundenen Sekte, von der dieses Gedicht erzählt, hergestellt wird.
Über die Festlichkeiten zum Mauerfall-Jubiläum:
Ich bin nicht zum Brandenburger Tor gepilgert, aber ich habe hier in der Academy am Fernseher zugeschaut, was dort passiert ist am 9. November. Ich fand, dass die Musiker, die sie sich für dieses Fest ausgesucht haben, eine ziemliche Katastrophe waren – warum haben sie nicht die Rolling Stones gefragt?
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