Kategorie: Deutschland

Nach den Revolutionen

Mit auf dem Rücken verschränkten
Händen wandern sie, die Dichter
Über die Dünen und durchs Gebirg.
Und bedenken alles Überkommene
mit Spott

Musik der Frühe

Bin wieder im Geruche deines Körpers eingesperrt, der aus den Kissen
strömend warm in meine Sinne dringt.
Morgen wird heller. Vorhang bläht sich. Junger Wind und erste Sonne will herein.

Mit ’nem bißchen guten Willen geht’s schon

Der Mann trägt das Kind aus
und später noch zwei
Mit ’nem bißchen guten Willen
 geht’s schon

warum sollte ich denn originell sein wollen?

warum sollte ich denn originell
sein wollen? alles gezeigt alles
gedacht alles gesagt nur mein
gesicht birgt eine gewisse un
verwechselbarkeit in draufsicht

Zwei Gedichte

Ich glaube nicht mehr ans Gedicht.
Ich glaube an Geld und Gericht,
Anwälte, Juristen, an die Macht,
abstrakte Institutionen, aber an dich,
Gedicht, glaube ich nicht.

Verlorene Generation

Und während wir mit kranken Sinnen
schmerzlich zurück ins Innre fliehn,
erheben sich rundum erstarrte Mienen,
die geisterhaft vorüberziehn.

Dieses eine lange Gedicht

Wenn von der Bahnlinie hinter dem Forst die Züge zu hören waren,
gab es am nächsten Morgen Regen.
Die Birken neben dem Bahndamm
hörten auf die Geburtsnamen schlesischer Mädchen.

Selfies mit Preisgeld

Verdienst du dein Geld denn mit Lesungen nicht?
Vertreibst du nicht professionell(e) Gedicht (e)?

Ich wünschte, ich könnte! In Urs Engelers Mütz‘
werd ich’s noch mal versuchen, ich hoffe, er druckt’s.

Vierletternquartette

Janz Zapf Hopf Pick
Bach Elze Gräf Danz
Manz JUNG Drux Gnüg
Hell Bail Bánk ZAHL „NEIN! Du sollst die Stifte nicht essen!“

Er war…

er war mit einer französin verheiratet gewesen
er war nett zu mir, gab mir sein essgeschirr mit resten drin
er war nicht aufzufinden
er war nicht mehr zu erkennen

Dass ich nichts will

Ich will nichts,
mich will nichts,
ich lebe es vor.

Oliver Behnssen (1925-1992)

Mit den linden Lüften, die ja nicht nur
in diesem Jahr, sondern immer wieder auf’s Neue
erwachen und säuseln und weben,
umschwärmt mich geschwätzig die Wiederholbarkeit
der spontanen Erniedrigungen, die mir noch bevorstehen.

wie zitronen schimmeln

mein shirt mit dem schriftzug RATIONAL trage ich nur noch nachts, für logische träume.

Echte Dankbarkeit

Bald fünfzig; und nicht länger nur Gekrächz und Poescher Rab‘ ich;
Denn eine Wohnung endlich, eine eig’ne Wohnung hab‘ ich!
Ein and’rer Kerl scheint man geworden: Vorwärtsstürmend gab ich
Mein Ehrenwort, daß künftig keinen einz’gen weiter’n Stab ich
– Auch Staates Sicherheit nie wieder untergrab‘ ich… –
Über die Heimatstadt zu brechen wagen will, Frau Zapich!

Feld/Webel

387 Wörter, 2 Minuten Lesezeit Heute mal ein Gedicht mit Interpretation – durch die Autorin selbst. Kerstin Hensel DER SOLDATDas ist das Feld.Da gehörst du hin, sagt der Feld-Webel. Hier ist dein Platz, wo Dem Feind die Kugel durch’s Hirn In’s All, verstanden? Verstanden.Die Schläfenblume geht… Continue Reading „Feld/Webel“