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Zusammen mit Eva Bauerfeind und Kristina Pöschl hat Hubert Ettl die Anthologie „Vastehst me“ herausgegeben – ein Überblick über bairische Lyrik der vergangenen 40 Jahre
Interview in Süddeutsche Zeitung vom 27.1.: Sabine Reithmaier
SZ: Ihr Sammelband konzentriert sich auf Lyrik aus den vergangenen 40 Jahren. Warum ausgerechnet 40 und nicht 50 Jahre?
Hubert Ettl: Weil in den Siebzigerjahren eine neue bairische Lyrik entstanden ist. Mit neuen Themen und einer völlig anderen Art, den Dialekt einzusetzen. Die jungen Wilden – ich denke an Autoren wie Josef Wittmann, Karl-Ludwig Reichert, Bernhard Setzwein – nahm der Friedl-Brehm-Verlag unter seine Fittiche und sorgte dafür, dass sie veröffentlicht wurden.
Aber es gab doch auch schon vorher bairische Lyriker?
Aber nur traditionelle. Und wenn ich noch einige Jahre weiter zurückgehe, fallen mir sehr national gesinnte ein, bairische Lyrik und Blut- und Boden-Ideologie waren sich da sehr nahe. Das ist natürlich nicht unsere Richtung.
Hatten Sie, als Sie Ihren Verlag gründeten, auch schon vor, die gesamte Bandbreite der Lyrik abzubilden?
Ursprünglich haben wir uns schwerpunktmäßig auf Oberpfalz und Niederbayern konzentriert. Aber irgendwann waren diese regionalen Grenzen nicht mehr wichtig. Auch wegen der Autoren: Margret Hölle aus Neumarkt lebt seit vielen Jahren in München. Umgekehrt lebt Bernhard Setzwein, eigentlich ein Münchner, seit Jahren in der Oberpfalz.
Hat sich die bairische Lyrik-Szene seit Beginn Ihrer Verlegertätigkeit verändert?
Meiner Beobachtung nach haben sich die Gegensätze verwischt. Als wir anfingen, gab es auf der einen Seite die eher traditionellen Autoren, als Beispiel nenne ich jetzt die Münchner Turmschreiber. Auf der anderen Seite standen die jungen Autoren des Friedl-Brehm-Verlags. Zwischen diesen Fraktionen gab es richtig Knatsch. Als der Brehm-Verlag die ersten Bücher herausbrachte, hieß es von Seiten der Konservativen sofort, das ist doch keine Lyrik, das ist der reinste Dreck, das hat überhaupt nichts Positives. Dieser Zwist hat sich durch unsere ersten Jahre gezogen.
Wie hat sich das geäußert?
Die Brehm-Autoren gingen nicht zu Lesungen der Turmschreiber. Die wiederum betrachteten die Brehm- und Lichtung-Autoren mit großem Misstrauen. Vor allem Erich Jooß und Alfons Schweiggert öffneten die Turmschreiber und beriefen manche unserer Autoren in ihre Vereinigung, beispielsweise Margret Hölle oder Gerd Holzheimer.
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