52. Moldauische Literatur

Nur sehr selten trifft man im deutschen Sprachraum auf Zeugnisse moldauischer Literatur und daher ist es äußerst verdienstvoll, dass die jüngste Nummer der Grazer Zeitschrift „Lichtungen“ nun Texte einiger repräsentativer Autoren und Autorinnen aus der Republik Moldau vorstellt. So lautet der offizielle Landesname, daneben kursieren auch die Bezeichnungen Moldawien, Moldova oder gar Bessarabien. Gerhardt Csejka bezeichnet dieses Land im Vorwort zu seiner Auswahl als „Ungelöstes Kreuzworträtsel“. Die Verwirrung weiter treiben die Sprachen, in denen die dortigen Schriftsteller ihre Lyrik, Prosa und Dramatik schreiben: Rumänisch, in Abgrenzung zur Amtssprache in Rumänien auch als Moldauisch bezeichnet, oder Russisch, beide in der Vergangenheit abwechselnd zur Staatssprache erhoben. (…)

Gegen die armselige Realität hilft dem beschädigten Menschen die Flucht – allein oder mit Gleichgesinnten – in die Fiktion, sei es schreibend oder lesend, wie es Gârneţ in seinen Gedichten betreibt. „dieses gemeinschaftliche Verseschmieden / nannte ich die schulische Passage unserer Existenz / unser Zwergendelirium / das Trampolin hin zur Lektüre / die allein uns Schutz bietet“.

(…) Intertextualität und Intermedialität sind Kennzeichen des Dichters Emilian Galaicu-Păun, dessen Wortkunst sich aus vielen Quellen speist. Hier kommuniziert er über Heimatlosigkeit zwischen Paris und Czernowitz, zwischen Seine und Pruth. Seine Gesprächspartner sind Paul Celan und die rumänische Avantgarde. Den Auftritt eines ihrer Vertreter, Gherasim Luca, bezieht er direkt in sein Gedicht ein, und zwar durch ein Video, auf das er über einen entsprechenden, als Zeile in das Gedicht eingebunden Internetlink verweist.

schreibt Anke Pfeifer bei Fixpoetry.

Daß nicht alles dort anders ist als hierzulande, zeigt folgender Satz:

Der Dichter Vasile Gârneţ schreibt nicht umsonst: „Meine Generation, die den Glauben an die Poesie hochhält / zog in die Welt hinaus mit dem Fotoapparat in der Hand / und wird doch stets bezichtigt, das Gedichtelesen / in ein Kreuzworträtsel zu verwandeln.“

Neue Literatur aus der Republik Moldau. Idee: Botschafter Dr. Martin Eichtinger, BMEIA, Auslandskultur; Wien Mitarbeit: Karin Cervenka, BMEIA, Auslandkultur; Wien

Auswahl und Übersetzung der rumänischsprachigen AutorInnen: Gerhardt Csejka, Frankfurt/M., Übersetzung des Textes von Nicoleta Esinencu: Eva Ruth Wemme, Berlin, Übersetzung des russischsprachigen Autors: Erich Klein, Wien/Susanne Macht, Kiew. In: Lichtungen. Zeitschrift für Literatur, Kunst und Zeitkritik. 134/XXXIV. Jg./2013, S. 70-119. ISSN 1012-4705. 8 €

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