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Moni de Buli
Die obdachlosen Wörter
Die obdachlosen Wörter liegen auch heute nacht wie jede Nacht unbekümmert auf den Bänken in den öffentlichen Parks. Nur das Wort weggehen ist nicht darunter. Eingehüllt in seidige Schatten, ist es jenes eifersüchtige Mädchen, das bis zu den Pupillen bewaffnet ist, jener verrufene Betrüger und Herumtreiber, der für fünf verschiedene strafbare Handlungen verantwortlich ist: zwei Morde, einen Mordversuch, Blutschande und unerlaubten Waffenbesitz. Die Polizei fahndet nach ihm.
1926
Deutsch von Holger Siegel, aus: In unseren Seelen flattern schwarze Fahnen. Serbische Avantgarde 1918-1939. Hrsg. Holger Siegel. Leipzig: Reclam, 1992, S. 286
BULI, Moni de (Belgrad, 27.9.1904 – 29. 3. 1968, Paris) (eig. Solomon di Buli). Erste Gedichte veröffentlicht B. als Fünfzehnjähriger in der Zs. Gideon. Als Sohn einer reichen jüdischen Kaufmannsfamilie konnte er sich sein Leben lang ausschließlich der Literatur widmen. Regelmäßig veröffentlicht er seit 1923 in Drainac‘ Zs. Hipnos, ist einer der Redakteure des Almanachs Crno na belo (1924), begründet zusammen mit Risto Ratković 1926 die Zs. Večnost. 1925 geht er nach Paris, macht dort die Bekanntschaft der Surrealisten, schreibt unter Pérets „Kontrolle“ einen der ersten automatischen Texte der serbischen Literatur, (der zunächst auf französisch in La Révolution Surréaliste, 1925, Nr. 5 erscheint). Er unterzeichnet, zusammen mit Dušan Matić, die Deklaration der Surrealisten gegen die französische Politik in Marokko. Nach der Rückkehr nach Belgrad 1926 erscheint sein erster Gedicht- und Prosaband Krilato zlato (Geflügeltes Gold), 1927 das gemeinsam mit Ratković geschriebene Poem Leviatan, 1928 kehrt er endgültig nach Paris zurück, arbeitet an Discontuité (1928) und Le Grand Jeu (1929-1930) mit. Seit 1932 hat er nach eigener Angabe nicht mehr Serbisch geschrieben und gesprochen und kaum noch veröffentlicht. Postum erschienen seine Erinnerungen und eine Gedichtauswahl (1968). (Aus: Ebd. S. 374)
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