Das Archiv der Lyriknachrichten | Seit 2001 | News that stays news
Veröffentlicht am 26. Oktober 2022 von lyrikzeitung
Günter Kunert
(geboren am 6. März 1929 in Berlin; gestorben am 21. September 2019 in Kaisborstel)
Tücke des Feindes Nichts erfuhr auf der Insel Ioa eine japanische Kompanie vom Ende des Krieges, vom Stillstehn der Waffen, von der Verwundeten Austausch, Befreiung der Gefangenen, dem beginnenden Aufbau zerstörter Häuser und Städte, sondern zog morgens auf Wache, spürte hinter jedem Gesträuch nach, erschreckt vom Ruf wilder Hirsche, mißtrauisch gegenüber der Nachtigall, ob sie nicht etwa ein getarntes Signal, vor Wachsamkeit schlaflos und völlig zermürbt und hielt, daß kein Feind kam, für eine besondere Tücke des Feindes.
Aus: Günter Kunert: Notizen in Kreide. Gedichte. Leipzig: Reclam, 1970, S. 64
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Günter Kunert
Kann zu diesem Blog derzeit keine Informationen laden.
Neueste Kommentare