Definition der Liebe

Die nächste 400-Jahr-Feier. 1621 war ein starker Jahrgang. Nach Sibylla Schwarz (24. Februar) und Georg Neumark (7. März) jetzt einer der bedeutendsten englischen Barockdichter: Andrew Marvell. Andrew Marvell (* 31. März 1621 in Winestead bei Patrington, Holderness, Yorkshire; † 16. August 1678 in London) The Definition of Love
My love is of a birth as rare As ’tis for object strange and high: It was begotten by Despair Upon Impossibility. Magnanimous Despair alone Could show me so divine a thing, Where feeble Hope could ne’er have flown But vainly flappt its tinsel wing. And yet I quickly might arrive Where my extended soul is fixt, But Fate does iron wedges drive, And always crowds itself betwixt. For Fate with jealous eye does see Two perfect loves, nor lets them close: Their union would her ruin be, And her tyrannic powerr depose. And therefore her decrees of steel Us as the distant poles have placed, (Though Love’s whole world on us doth wheel) Not by themselves to be embraced: Unless the giddy heaven fall, And earth some new convulsion tear; And, us to join, the world should all Be cramped into a planisphere. As lines so loves oblique may well Themselves in every angle greet: But ours so truly parallel, Though infinite can never meet. Therefore the Love which us doth bind, But Fate so enviously debars, Is the conjunction of the mind, And opposition of the stars. Begriffsbestimmung der Liebe
Wie mein Gefühl entstand, ist rar, So wie bei jedem hohen Ding: Da die Verzweiflung Vater war, Von dem Unmöglichkeit empfing. Nur Großmut im Verzweifeln litt, Daß mir so göttlich schien und hold, Wo Hoffnung niemals flog, nur mit Den Schwingen schlug aus Flittergold. Doch rasch kam ich zu jenem Teil, Wo ausgestreckt die Seele hängt, Doch Schicksal treibt den Eisenkeil Und hat sich zwischenein gedrängt. Das Schicksal blickt voll Eifersucht Hin aufs vollkommne Liebes-Zwei, Wärn sie vereint, wär es verflucht Und Ohnmacht seine Tyrannei. Drum hat sein stählernes Gesetz So fern als Pole uns bedingt (Um die zwar Lieb als Welt sich dreht), Daß eins das andre nie umschlingt. Es sei denn, Himmel stürzte ein, Und Erde riß in neuem Krampf, Die ganze Welt, uns zum Verein, Würd planisphärisch eingestampft. Wie Linien könnten Lieben wohl In schrägem Winkel sich berührn, Doch unsre, wahrhaft parallel Ohn End, wird nichts zusammenführn. Drum ist die Liebe, die uns band Und die das Schicksal nur hält fern, Der Geist, in gleiche Bahn gebannt, Doch Stern in Gegenbahn zu Stern. Deutsch von Werner Vortriede, aus: Beispiele manieristischer Lyrik. Hrsg. Gerd Henniger. Münnchen: dtv, 1970, S. 66f. Prosaübersetzung
I Die Abstammung meiner Liebe ist ebenso seltsam, / wie ihr Gegenstand außergewöhnlich und erhaben ist: / Sie wurde von der Verzweiflung gezeugt / und von der Unmöglichkeit empfangen. II Einzig die hochherzige Verzweiflung / konnte mir etwas so Göttliches zeigen – / die schwächliche Hoffnung wäre da nie aufgeflogen, / sondern hätte nur umsonst mit ihren falschen Flitterflügeln geschlagen. III Und dennoch könnte ich schnell dort landen, / wo meine weitgespannte Seele ihren Fixpunkt hat, / wenn nicht das Schicksal eiserne Keile dazwischentriebe / und sich ständig und überall dazwischendrängte. IV Denn das Schicksal sieht zwei vollkommene Lieben / mit scheelen Augen an und läßt sie nicht Zusammenkommen. / Ihre Vereinigung würde seinen Ruin bedeuten / und seine Tyrannenmacht absetzen. V Deshalb haben seine stählernen Verordnungen / uns wie die entgegengesetzten Pole auseinander plaziert, / — wie Pole, die (obwohl die ganze Welt der Liebe sich in uns dreht) / sich selber nicht umarmen dürfen. VI Es sei denn, daß der hohe Himmel einfällt / und die Erde von einem neuen Beben gepackt wird, / und daß die Welt, um uns zueinanderzubringen, / zu einem Astrolabium zusammengefaltet würde. VII So wie zwei Gerade können sich auch zwei Lieben, die schief zueinander liegen, / in jedem beliebigen Winkel treffen. / Aber unsere Lieben, die so vollkommen parallel sind, / können, obwohl sie ins Unendliche gehen, niemals zusammenkommen. Aus: Englische Barockgedichte. Englisch/Deutsch. Ausgewählt, hrsg. u. kommentiert von Hermann Fischer. Stuttgart: Reclam, 1971, S. 325/327

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