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Veröffentlicht am 10. Mai 2008 von lyrikzeitung
Die Wochenzeitung „Die Zeit“ berichtete am 15. Oktober 1965 von einem Geschehen auf den Düsseldorfer Rheinwiesen. Dort, zum Erntedankfest, verbrannten Mitglieder des „Jugendbundes für Entschiedenes Christentum“ (EC) neben Zeitungs-Pin-ups und Kinoreklamen auch Bücher von Erich Kästner, Albert Camus, Grass‘ „Blechtrommel“ sowie Nabokovs „Lolita“. Dies, nach Meinung der EC, sei „Schund- und Schmutzliteratur“, Bücher voll brutaler, krimineller und sexueller Szenen; sie brächten die Menschen von Jesus ab. Zu den Flammen sangen die Jugendlichen, die aus Mittelstandsfamilien stammten, Lieder aus der „Frohen Botschaft“: „Wir jungen Christen tragen ins dunkle deutsche Land ein Licht in schweren Tagen als Fackel in der Hand …“
Diese Aktion war zuvor bei den Behörden angemeldet worden. Das Düsseldorfer Ordnungsamt hegte gegen die Aktion Bedenken – aus Gründen der Sicherheit! An den Flammen des Autodafés könnten die schmucken Bürgerhäuser der Innenstadt Schaden nehmen. Also verschob man den Ort des Vollzugs vom Karlplatz an den Rhein. / Reinhard Jirgl, FR 10.5.
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Albert Camus, Bücherverbrennung, Düsseldorf, Erich Kästner, Günter Grass, Reinhard Jirgl, Vladimir Nabokov
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