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Bulat Okudschawa
(russisch Булат Шалвович Окуджава, georgisch ბულატ ოკუჯავა; * 9. Mai 1924 in Moskau; † 12. Juni 1997 in Clamart, Frankreich)
Unterhaltung mit Charkow Ich liebe gigantische Städte Mit den Fersen in Häusern zu verschwinden Denn in diesen Häusern wohnen Romantiker Die das Leben selbst erfunden hat. Sie leben und blinzeln unter der Sonne Bekräftigen einfache Worte, Und sie entdecken ihre Straßen So wie man Inseln entdeckt Mit ihnen werde ich zum Kind Werde selbst zum Phantast Das weiße Hemd ziehe ich an im Juni Und eile zu ihren Vergnügungen Wo mit ihren Rädern leise schlurfend Kühl und ehrlich atmend Die finstre Mitternacht ohne Eile Durch das lauwarme Charkow zieht Wo das Segel der Parks sich geöffnet Mit seinen Wellen die Ufer wiegt Dort fließt und fließt die Sumskaja So weit und von so weit her Stellt Euch vor was für ein Anblick! Der Einzige auf diesem Erdenball, Die ganze um Mitternacht schlummernde Stadt Sich über etwas mit mir unterhält. Und meine Reisige und Risse Alles was schmerzte, alles was brannte Auf einmal in dieser Stadt eingetaucht Auf einmal geheilt und vergangen. O Charkow, Charkow, Deine Straßen, Sie sind so hell auch ohne Licht Mögen Deine Fußgänger — die Klugen Mir ihre Weisheit vermachen. Und mögest, alle Ärgernisse überwindend, Du selbst in mir zu sprechen beginnen... Deine mitternächtlichen Trolleybusse In der Stille schwimmen und schmelzen.
Aus dem Russischen von Dareg Zabarah, aus: Europa erlesen. Charkiw / Charkow. Hrsg. Dareg A. Zabarah. Klagenfurt: Wieser, 2018, S. 224f
Разговор с Харьковом Я города люблю громадины, До пят ушедшие в дома, А в тех домах живут романтики - Их жизнь придумала сама. Они живут, под солнцем жмурятся, Твердят обычные слова, И открывают свои улицы, Как открывают острова. Я с ними сам мальчишкой делаюсь, Сам фантазером становлюсь. Надев в июнь рубаху белую, На их гулянья тороплюсь, Где шинами нешумно шаркая, Прохладой правдашней дыша, Идет по Харькову нежаркая Густая полночь не спеша, Где парус парков распуская, Волной качая берега, Течет, течет, течет Сумская Так далеко издалека. Подумайте, какое зрелище! Единственный на шар земной, Весь этот город, в полночь дремлющий, О чем-то говорит со мной. И хворости мои, и горести, Все, что болело, все, что жгло, Вдруг потонуло в этом городе, Вдруг отболело и прошло. О Харьков, Харьков, твои улицы, Они ясны и без огня. Пусть пешеходы твои - умницы - Поучат мудрости меня. И пусть, отвергнув все нелепости, Ты сам заговоришь во мне... Твои полночные троллейбусы Плывут и тают в тишине. "
Ich las gerade in einem alten französischen Schulbuch folgendes Gedicht, worin der Mensch zentral steht.
Un jour, à Kharkow
Un jour, à Kharkow, dans un quartier populaire
(O cette Russie méridionale, où toutes les femmes,
Avec leur châle blanc sur la tête, ont des airs de Madone!)
Je vis une jeune femme revenir de la fontaine
Portant, à la mode de là-bas, comme du temps d’Ovide,
Deux seaux suspendus aux extrémités d’un bois
En équilibre sur le cou et les épaules.
Et je vis un enfant en haillons s’approcher d’elle et lui parler.
Alors, inclinant aimablement son corps à droite,
Elle fit en sorte que le seau plein d’eau pure touchât le pavé
Au niveau des lèvres de l’enfant qui s’était mis à genoux pour boire.
Valery LARBAUD (1881-1957), Poésies (Gallimard , édit.).
Das Schulbuch,”Nouvelle Anthologie poétique“ (1957) erwähnt zum Dichter Ovid: „Le poète latin Ovide (43 av. J.-C. – 16 apr. J.-C.) passa les dernières années de sa vie en exil à Tomes, sur les bords de la Mer Noire.”
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https://bordeaux-marche-de-la-poesie.fr/un-jour-kharkov/
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Hat mich sehr berührt
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